Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 08.10.2011

NPD-Kader am Schießstand

Interner Streit deckt Mitgliedschaft von Funktionären bei Reservistenverband der Bundeswehr auf
 
Leipzig. NPD-Spitzenfunktionäre aus Sachsen sind Mitglied der Reservistenkameradschaft Leipzig-Leutzsch der Bundeswehr. Dies geht aus E-Mails hervor, die in der Neonazi-Partei kursieren. Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) stellte Strafantrag. Gleichzeitig verweisen die E-Mails auf interne Grabenkämpfe in der Neonazi-Partei.

Die E-Mail aus dem Landkreis Leipzig ist knallhart. Erst beklagt sich der NPD-nahe Kreisrat Gerd Fritzsche bitter, dass ihm Sachsens NPD-Spitze ein Hausverbot für den Parteitag im vergangenen Juli erteilt habe. Dann geht er führende Parteikader direkt an: Der NPD-Landtagsabgeordnete Winfried Petzold sowie der Leipziger NPD-Chef Helmut Herrmann hätten sich jahrelang über die "Falschheit, Unfähigkeit, Raffgier und Parteifeindlichkeit" von Sachsens NPD-Chef Holger Apfel ausgelassen - und seien am Ende doch eingeknickt.

Damit nicht genug. "Dank meiner Hilfe", schreibt Fritzsche weiter, "haben Herrmann, Petzold und seine Frau auch Waffenbesitzkarten und entsprechende Waffen (Pistolen und Gewehre) durch den Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig erhalten." Das Schreiben vom 8. Juli ging an mehrere Kreisverbände der Neonazi-Partei. Fritzsche bestritt gestern auf Anfrage dieser Zeitung die Echtheit des Schriftverkehrs.

Bei der betreffenden E-Mail soll es sich um einen kleinen Teil eines Datensatzes NPD-interner Schreiben handeln. 60000 dieser elektronischen Briefe wurden gehackt und kursieren seit kurzem. Auch Köditz wurde eine entsprechende DVD zugestellt.

Der Verband der Reservisten der Bundeswehr bestätigte gestern offiziell, dass zwei der drei in der E-Mail erwähnten Personen bei ihm Mitglied seien und deshalb auch Waffenbesitzkarten erhalten hätten. Um welche Personen es sich genau handele, konnte Verbands-Vize Michael Sauer nicht sagen. Laut Informationen dieser Zeitung handelt es sich um Herrmann und Petzold. Die Pistole und das kleinkalibrige Gewehr, die Herrmann und Petzold besitzen, sind deren Privatwaffen.

Der Reservistenverband reagierte umgehend auf die Veröffentlichung. Er will seinem Landesverband empfehlen, die beiden Rechtsextremisten auszuschließen. Das sei zwar rechtlich "nur schwer möglich", so Sauer, da die NPD nicht verboten sei. "Wir zeigen mit diesem Schritt aber, dass wir alles versucht haben, um uns von dieser Partei abzugrenzen."

Auch in der NPD selbst sorgt der Fall für erhebliche Turbulenzen. In wenigen Tagen will sich Apfel auf einem Bundesparteitag zum Nachfolger von Udo Voigt als NPD-Bundeschef wählen lassen. Da kommen solche Querelen zur Unzeit. Entsprechend reagierte Sachsens NPD-Sprecher Jürgen Gansel. Fritzsche sei ein "politischer Quartals-Irrer", sagte er dieser Zeitung, sein Verhalten sei "fast psycho-pathologisch".

Von Jürgen Kochinke und Kai Kollenberg


Karl Nolle im Webseitentest
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