Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.01.2012

Geheimdienstler fordert Lizenz zum Reden

Im „Sachsensumpf“-Prozess verlangt der Angeklagte eine uneingeschränkte Aussagegenehmigung des Verfassungsschutzes.
 
Der Angeklagte soll dem Buchautor Jürgen Roth („Anklage unerwünscht“) geheime Unterlagen des Geheimdienstes übergeben haben. Der Mann auf der Anklagebank ist ehemaliger Kriminalbeamter. Sein Arbeitgeber war bis vor einigen Jahren das Landesamt für Verfassungsschutz. Dort arbeitete er bis 2006 im Referat für Organisierte Kriminalität – zuständig für die Führung von nachrichtendienstlichen Quellen. Der Vorwurf der Generalstaatsanwaltschaft Dresden: Verrat von Dienstgeheimnissen, Urkundenfälschung und versuchte Nötigung.

Der Angeklagte soll dem Buchautor Jürgen Roth („Anklage unerwünscht“) geheime Unterlagen des Geheimdienstes übergeben haben. Ein Zeuge soll laut Anklage mit den Worten bedroht worden sein, er möge „gut auf seine Frau aufpassen“. Roth nutzte die Informationen des Angeklagten für Veröffentlichungen über angebliche korrupte Netzwerke in Sachsen. Das war die Geburtsstunde des „Sachsensumpfes“. Die Aufregung in der Öffentlichkeit 2007 war groß. Erst später stellte sich heraus, dass nicht viel Wahres dran war am Sumpf.

Der Angeklagte lächelt

Der Angeklagte hat bis gestern – es sind drei Prozesstage vergangen – nicht viel gesagt. Er lächelt vielsagen in sich hinein oder nickt mit dem Kopf, wenn seine Verteidiger reden. Seine Frau sitzt mit ihm auf der Anklagebank. Sie soll ihm geholfen haben, einen Brief zu fälschen, mit dem der Verdacht auf einen anderen gelenkt werden sollte.

Die Anwälte haben zunächst den Richter als befangen abgelehnt. Der Antrag blieb ohne Erfolg. Anschließend forderten sie, das Verfahren einzustellen, weil das Amtsgericht Dresden gar nicht zuständig sei. Vielmehr müsse der Fall in Plauen verhandelt werden. Dort soll der Angeklagte die geheimen Dokumente übergeben haben. Richter Ulrich Stein wies das zurück; das Landesamt für Verfassungsschutz habe seinen Sitz in Dresden, deshalb bleibe er zuständig.

Gestern kritisierten die Anwälte, dass das Landesamt seinem ehemaligen Mitarbeiter nur eine eingeschränkte Aussagegenehmigung erteilt habe. Der Angeklagte dürfe nicht über Personen sprechen, er könne daher keine Zeugen zu seiner Entlastung benennen und sich demzufolge nicht wirksam verteidigen. Die Anwälte wollen auch die Personalakten eines Hauptbelastungszeugen sehen und mithilfe aller verfügbaren Akten aufklären, um welche Straftaten es im „Sachsensumpf“ überhaupt ging.

Richter Stein regte nach etwa zwei Stunden Diskussion eine Verfahrensverständigung an. Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben jetzt einige Tage Zeit für Stellungnahmen. Wann die ersten Zeugen gehört werden, ist offen.
Von Karin Schlottmann


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