Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 11:28 Uhr, 12.11.2014

Tillich erneut zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt

 
Stanislaw Tillich steht weiter an der Spitze des Freistaates. Der Landtag wählt ihn zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten. Doch erneut fehlen ihm Stimmen aus den eigenen Reihen.

Dresden (dpa/sn) - Stanislaw Tillich ist erneut zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Zwei Tage nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages mit der SPD erhielt der 55 Jahre alte CDU-Politiker am Mittwoch im Landtag in Dresden im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit. Im Anschluss wurde er vereidigt.

Tillich bekam 74 von 125 Stimmen, 50 Abgeordnete votierten gegen ihn, einer enthielt sich. Da die schwarz-rote Koalition über insgesamt 77 Abgeordnete verfügt, müssen mindestens zwei Parlamentarier aus den eigenen Reihen gegen ihn gestimmt haben. Linke, Grüne und die Alternative für Deutschland (AfD) hatten schon im Vorfeld angekündigt, Tillich nicht ihre Stimme zu geben.

Tillich sah die fehlenden Stimmen nicht als Problem: «Gewählt ist gewählt», kommentierte er das Ergebnis. Dass der eine oder andere nicht mit allem im Koalitionsvertrag einverstanden sei, sei bei demokratischen Parteien nicht ungewöhnlich. Jeder habe in der Wahlkabine das Recht, so oder so abzustimmen: «Aber es ist eine übergroße Mehrheit und für die bin ich dankbar.» Er wolle auch mit jenen zusammenarbeiten, die ihn nicht gewählt haben: «Es geht um das Land, nicht um mich oder um die Partei.»

Auch SPD-Fraktionschef Martin Dulig wollte im Anschluss nicht über die Abweichler in den Reihen der Koalition mutmaßen: «Ein Ministerpräsident, der seit Jahren im Amt ist, wird sicherlich den einen oder anderen auch verprellt haben.» Es sei aber müßig, über die Motivation zu spekulieren. «Es gibt keinen Grund, sauer zu sein», sagte CDU-Fraktionschef Frank Kupfer und sprach von einem hervorragenden Ergebnis.

«Ich bin überglücklich», beschrieb der alte und neue Regierungschef seine Gefühlslage unmittelbar nach der Wahl. «Die Koalition steht. Morgen wird das Kabinett vereidigt. Dann geht es an die Arbeit, für das Land.» Tillich ist mit Blick auf die schwarz-rote Koalition zuversichtlich, zumal auch das Klima zwischen beiden Seiten «viel besser» als vor zehn Jahren sei. Damals hatten CDU und SPD ihre erste Koalition im Freistaat gebildet.

Für Tillich ist es die zweite Wiederwahl. 2008 war er nach dem vorzeitigen Ausscheiden von Georg Milbradt (CDU) erstmals in das Amt gewählt worden - damals noch in einer laufenden schwarz-roten Koalition. 2009 führte er dann ein Bündnis mit der FDP an. Bei beiden Wahlen erhielt Tillich nicht so viele Stimmen, wie die jeweiligen Koalitionspartner im Landtag Mandate besaßen.

Am Donnerstag will der alte und neue Ministerpräsident im Plenum eine Regierungserklärung abgeben. Außerdem werden dann die Minister des Kabinetts vereidigt. Bislang steht lediglich der Zuschnitt der einzelnen Ressorts fest. Die SPD erhält in der neuen Regierung drei Ministerposten, die CDU sieben.

Jörg Schurig

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121128 Nov 14

Porträt Stanislaw Tillich:  Ministerpräsident mit Bodenhaftung

Von Jörg Schurig, dpa 

Wann wird ein Regierungschef zum Landesvater? Stanislaw Tillich ist in Sachsen seit sechs Jahren an der Macht. Keiner zweifelt daran, dass er eines Tages seinen Vor-Vorgänger Kurt Biedenkopf überflügelt.

Dresden (dpa/sn) - Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) genießt bei seinen Landsleuten viel Sympathie. Tatsächlich ist der 55-Jährige ein Mann des Volkes, bei öffentlichen Auftritten wirkt er unverkrampft und bodenständig. 2008 wurde der Sorbe an die Spitze der Union und der Regierung des Freistaates gewählt. Seither macht er in wechselnden Konstellationen eher geräuschlos Politik. Als Tillich ans Ruder kam, saß noch die SPD im Regierungsboot. Seit Herbst 2009 stand er einem schwarz-gelben Kabinett vor. Nun folgt unter Tillichs Regie das zweite schwarz-rote Bündnis. Der Regierungschef hält es für eine Ausnahme. Natürlich würde die erfolgsverwöhnte CDU am liebsten allein regieren. Doch die Zeiten ungeteilter Macht wie in den 1990er-Jahren scheinen für die Union ein für alle Mal vorbei.

In der Dresdner Staatskanzlei scheint Tillich seinen idealen Platz gefunden zu haben. Bundespolitische Ambitionen hat er bislang nicht erkennen lassen. Experten wie Politikwissenschafter Werner J. Patzelt sehen Tillich als Parteichef in der Pflicht, die Union im Freistaat auch programmatisch zu erneuern. Davon ist bislang aber nicht viel zu spüren. Nach Ansicht Patzelts hat Tillich eine vorzügliche «Benutzeroberfläche» - freundlich, gut aussehend und immer höflich. Doch intern wisse er genau, wie man Macht und Einfluss sichert. Nach zwei Wessis als Ministerpräsidenten hätten sich die Sachsen genau einen solchen Landesvater gewünscht, meint Patzelt. Sollte Tillich bei der Landtagswahl 2019 noch einmal antreten, dürfte er auch die fast zwölfjährige Amtszeit von Vor-Vorgänger Kurt Biedenkopf toppen.

Tillich ist von Beruf Konstruktionsingenieur und wohnt in Panschwitz-Kuckau. Schon vor dem Fall der Mauer war er CDU-Mitglied. Seine Tätigkeit im Rat des Kreises Kamenz - einer staatlichen Behörde - hat ihm nach seiner Wahl Nachfragen eingebracht. Dennoch wird Tillich nicht als Wendehals wahrgenommen. In den 1990er-Jahren saß er als Beobachter und Abgeordneter im EU-Parlament. 1999 holte ihn der damalige CDU-Regierungschef Kurt Biedenkopf als Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten nach Sachsen zurück. Ministerpräsident Georg Milbradt machte ihn 2002 zum Chef der Staatskanzlei und gab ihm später die Ministerien für Agrar und Umwelt sowie Finanzen. Seither gilt der zweifache Familienvater als Allrounder sächsischer Politik.


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