Karl Nolle, MdL

spiegel online, 18:55 Uhr, 21.05.2015

Bahn-Schlichter Platzeck und Ramelow - Ein seltsames Paar

 
Sanft der eine, rau der andere: Matthias Platzeck und Bodo Ramelow sollen den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn schlichten. Kann das mit diesem ungleichen Paar gut gehen?

Matthias Platzeck, Ostdeutscher und Sozialdemokrat, gilt als der sanfte Mann aus Brandenburg. Bodo Ramelow, Import-Westdeutscher im Osten, Linken-Politiker und Ministerpräsident aus Thüringen, teilt gerne mal verbal aus.

Sie sollen nun im Tarifstreit schlichten, Verhandler zusammenbringen, die sich seit Monaten misstrauisch begegnen - die Vertreter der Deutschen Bahn und die der Gewerkschaft der Lokführer.

Eigentlich kann das nicht gut ausgehen. Das Misstrauen sitzt auf allen Seiten tief. Als Bahn-Chef Rüdiger Grube am 6. Mai Platzeck erstmals als Schlichter vorschlug, da dauerte es nur wenige Stunden, bis der Chef der streikerprobten Gewerkschaft der Lokführer (GDL), Claus Weselsky, höhnte, es handele sich um einen "PR-Gag".

Kaum besser ist die Ausgangslage für Ramelow. Allerdings selbstverschuldet. Kaum war der 59-Jährige von der Gewerkschaft als Schlichter benannt, da kritisierte er Bahn und Bundesregierung. Der Bahn attestierte er gar forsch: "Ich habe in meinem Leben viele Tarife verhandelt, ein derart unprofessionelles Vorgehen habe ich noch nicht erlebt."

Ob das ein kluger Schachzug war? Nun gehört im politischen Geschäft verbale Aufrüstung zum Alltag der Profis. Und Ramelow, der erste Ministerpräsident der Linken, ist so einer - als früherer Funktionär der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen kennt er viele Tricks. Vielleicht kann sein parteiischer Vorstoß ihm helfen: Indem er die GDL-Argumentation öffentlich stützt, verschafft er sich bei deren Mitgliedern zunächst einmal Vertrauen und Respekt. Und könnte so am Ende umso glaubwürdiger auftreten, wenn er der Gewerkschaftsführung und der Basis einen - möglicherweise schwierigen - Kompromiss vorlegen muss.

Denn das werden beide müssen - es sei denn, die Schlichter selbst verkeilen sich auch noch. Was nicht ausgeschlossen ist, vor allem, wenn der Bahn-GDL-Konflikt auf Seiten der Schlichter auch noch in einem SPD-Linke-Kleinkrieg gespiegelt wird.

Platzeck hat gegenüber Ramelow einen Vorteil: Er ist wie GDL-Chef Weselsky gebürtiger und lebenserfahrener Ostdeutscher. Das kann vielleicht helfen, wenn es darum geht, Vorbehalte abzubauen. Zuletzt nahm der Konflikt in der öffentlichen Wahrnehmung mitunter seltsamste Formen an: Da wurde dem sächselnden Weselsky in Internetforen unterstellt, er sei im Grunde ein verkappter DDR-Nostalgiker. Was an sich schon widersinnig ist, war doch die GDL die erste freie Gewerkschaft, die sich 1990 nach den Umbrüchen in der DDR gründete. Und: Weselsky war nie in der SED, sondern ist - weit weniger bekannt - seit 2007 in der CDU.

Der 56-jährige Weselsky gilt als Sturkopf. In der GDL ist er umstritten: Sein Vorgänger Manfred Schell - wie Weselsky übrigens auch CDU-Mitglied - hat sich mit ihm überworfen, nennt ihn "Mao" und "Assad" und wirft ihm vor, in den "Heiligen Krieg" ziehen zu wollen und sich verrannt zu haben.

Weselsky selbst hat einmal bekannt, er müsse "nicht immer im Team spielen". Eine Herausforderung also für Platzeck, den die Bahn als Schlichter ins Rennen schickt. Das menschliche Rüstzeug bringt er mit: Als Brandenburger Umweltminister erwarb er sich während der Oderflut 1997 allseits Respekt - auch, weil er im Team zu agieren verstand. Und er war nicht zuletzt ein beliebter Ministerpräsident in Brandenburg. Seine offene, sympathische Art wird dem heute 61-Jährigen vielleicht helfen, die schwierigen Kontrahenten von Bahn und GDL zusammenzubringen - und vielleicht sogar Ramelow einzuhegen.

Von Severin Weiland

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