Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 08.05.2018

Ankläger für Teil-Freispruch im Sachsensumpf-Prozess

 
Seit gut einem Jahr stehen zwei Beamte vor Gericht. In ihrem Schlussvortrag rückt die Staatsanwaltschaft von dem Hauptvorwurf ab.

Wegen Verfolgung Unschuldiger und Falschaussage müssen sich eine ehemalige Verfassungsschutzbeamtin und ein inzwischen pensionierter Polizeibeamter seit zwölf Monaten vor Gericht verantworten. Mit der Anklage reagierte die Justiz auf Vorgänge im Landesamt für Verfassungsschutz, die 2007 unter dem Begriff „Sachsensumpf“-Affäre bekannt wurden.

Die Referatsleiterin für Organisierte Kriminalität und der Polizist aus Leipzig sollen Justizangehörige mit gravierenden und rufschädigenden Falschbehauptungen schweren Schaden zugefügt haben. Sie sollen auf der Basis von Gerüchten ein sogenanntes Behördenzeugnis zusammengestellt und an die Staatsanwaltschaft übergeben haben. Am Montag beantragte der Ankläger Freispruch vom Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger.

Es gebe zwar nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass die Behauptungen über Rotlichtkontakte von Leipziger Juristen wahr seien, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt vor dem Landgericht Dresden. Es habe sich jedoch nach der Beweisaufnahme nicht feststellen lassen, dass Simone H. Menschen vorsätzlich verfolgen wollte, die sich nichts zuschulden kommen ließen. Die Verfassungsschützerin habe während der Arbeit am Dossier unter großem politischem und medialem Druck gestanden. Einerseits sei die Angeklagte mit Verfolgungseifer vorgegangen, andererseits bleibe es zweifelhaft, ob sie angesichts der großen Hektik in der Behörde und im Innenministerium die mangelnde Qualität des Behördenzeugnisses erfassen konnte.

Den Vorwurf der Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Landtages erhielt Schmidt aufrecht. Er beantragte dafür eine Geldstrafe in Höhe von 12 000 Euro. Im Fall des mitangeklagten Polizisten forderte Schmidt eine Geldstrafe in Höhe von 6 000 Euro.

Die Verteidiger beantragten Freispruch von allen Vorwürfen. Die Anklage sei eine überzogene Reaktion auf eine Affäre, an die sich heute kaum noch jemand erinnern könne, sagte Rechtsanwalt Rainer Wittner. „Wir sitzen hier nur noch, weil der ganze Quatsch damals in die Medien gelangt ist“, kritisierte Co-Verteidigerin Henrike Wittner. So eklatant und erschreckend die Mängel des Verfassungsschutz-Dossiers auch seien, wäre es doch Aufgabe der Staatsanwaltschaft Dresden gewesen, die Materialsammlung wie eine normale Anzeige zu prüfen und selbst zu ermitteln.

Das Urteil gegen die beiden sächsischen Beamten werde schwerwiegende Folgen für die Arbeit der Verfassungsschutzämter in ganz Deutschland haben, sagte Wittner. Jeder Nachrichtendienst-Mitarbeiter werde sich genau überlegen, ob er sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen wolle.

Das Landgericht wird voraussichtlich am nächsten Montag ein Urteil verkünden.

Von Karin Schlottmann

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