Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung Lausitz, 06.09.2000

"Eine Bankrott-Erklärung der Wirtschaftspolitik"

Abgeordneter Karl Nolle (SPD) hat für Diskussionsstoff in der Lausitz gesorgt
 
Karl Nolle, Landtagsabgeordneter der SPD, sorgte vergangene Woche für Schlagzeilen und harsche Reaktionen. Die Lausitz blute aus, werde zur Region ohne Perspektive, wenn das Arbeitsamt Bautzen jetzt schon Arbeitskräfte nach München abwirbt und denen auch noch den Umzug bezahlt. SZ sprach mit dem Unternehmer aus Dresden.

Herr Nolle, was war der Grund für ihre emotionsgeladene Attacke?
Ich war in der Vorwoche in Seifhennersdorf und Ostritz. Wir haben dort mit Lausitzer Unternehmern gesprochen, und dabei kamen die Aktionen des Arbeitsamtes und die Umzugsprämie von 5000 Mark zur Sprache. Wir finden keine Fachkräfte mehr, und Bautzen bezahlt denen, die nach Bayern gehen, sogar den Umzug, klagten die Unternehmer. Das habe ich zum Anlass genommen, daran zu erinnern, dass die Lausitz eine vergessene Region ist.

Aber muss man nicht froh sein über jeden, der einen Job findet...
Natürlich ist das schön für diejenigen, die etwas finden. Aber insgesamt ist eine solche Aktion doch eine Bankrott-Erklärung der Wirtschaftspolitik. Eigentlich kann man doch gleich sagen, Leute, zieht alle fort, in der Lausitz wird es auch in den kommenden Jahren keine Arbeit für euch geben. Aber man kann doch nicht alle 66000 Arbeitslosen hier fortschicken wollen.

Im Wirtschaftsministerium heißt es immer, man mache die Lausitz jedem Investor schmackhaft, aber kaum einer beißt an. Was kann man denn wirklich tun, um hier Arbeitsplätze zu schaffen?
Der Freistaat Sachsen muss hier mehr Geld reinstecken - und das an der richtigen Stelle. Es war falsch, verlängerte Werkbänke zu unterstützen, die abgebaut werden, sobald die Auflagen für die Investitionszulagen wegfallen. Zum Beispiel könnte man den Hochschul-Standort Görlitz-Zittau stärken, daraus echte Zentren für Forschung und Informatik machen, also Know-how in die Lausitz bringen. Dann siedeln sich dort auch mittelständische Unternehmen an.

Sehen Sie noch mehr solche konkreten Möglichkeiten?
Ich habe da auch keine fertigen Antworten. Aber der Landtag hat schon 1996 beschlossen, dass es regionale Struktur-Entwicklungs-Pläne geben soll. Für die Lausitz liegt bis heute ein solcher Plan nicht vor - folglich kann die Region auch nicht planmäßig entwickelt werden.
(Gespräch: Frank Treue)

Karl Nolle im Webseitentest
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