Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 13.01.2000

Hauptsache ist die Freude am Spiel in der Gruppe

H. O. Theater zeigt ab morgen Dürrenmatts"Der Besuch der alten Dame"
 
DRESDEN. Friedrich Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" ist bei Amateurbühnen sehr beliebt: Es gibt viele Rollen zu besetzen, und die meisten Figuren sind so grotesk, dass die Darsteller ihrem Affen so richtig Zucker geben können. Außerdem hat das Stück um Moral und Käuflichkeit nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Vor rund 14 Monaten entdeckte das Dresdner H. O. Theater den Stoff für sich und erarbeitete unter Leitung von Regisseur Rudolf Donath eine 90-minütige Fassung mit ungewöhnlich viel Musik. "Wir singen alle sehr gern", berichtet Regie-Mitarbeiterin Gisela Olejak. "Das wollten wir schon immer mal richtig zeigen." Dabei wagen sich die Darsteller sogar an vierstimmige Lieder heran. Mitmachen dürfen alle - wer den Ton nicht ganz so gut halten kann, der muss sich eben ein bisschen zurücknehmen. Überhaupt geht es den insgesamt 22 Frauen und Männern des Amateurtheaters in erster Linie um die Freude am Spiel und die kreative Arbeit in der Gruppe. "Es ist toll, mal mit ganz anderen Leuten zusammen zu sein als im Beruf", schwärmt Architekt Thomas Strauch-Stoll. "Ich selbst kam ohne jede Erfahrung zur Theatertruppe, konnte nur zwei Seminare zur Schulung der Sprache vorweisen." Rudolf Donath habe ihn erst gar nicht nehmen wollen, erzählt Strauch-Stoll lachend, doch der Drang zum Schauspielern sei am Ende stärker gewesen. Für sein Hobby opfert der Architekt auch gern einen großen Teil seiner Freizeit. Das geht den anderen Amateurmimen ähnlich. Tagsüber Schüler, Student, Bauingenieur, Kfz-Meister, Sekretärin oder Zahnärztin, stehen sie abends zweimal in der Woche auf der Probebühne. Kurz vor der Premiere mussten sogar die Wochenenden dran glauben. "Es war nicht leicht, immer alle unter einen Hut zu bekommen", sagte Gisela Olejak. "Doch Einzelproben waren diesmal nicht möglich." Beim "Schaf" von Stanislaw Stratiew, einer der erfolgreichsten Produktionen der Wendezeit, habe man auch mit kleineren Spielergruppen arbeiten können. In den über 20 Jahren ihres Bestehens stellten die Leute vom H. O. Theater insgesamt elf verschiedene Inszenierungen auf die Beine. Angefangen hatte alles 1976 als "Dramatischer Zirkel des VEB Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden", später durfte sich die Truppe als Arbeitertheater bezeichnen und erhielt den Namen "Hans Otto". Einige Spieler der frühen Jahre sind noch immer mit von der Partie - darunter Marlis Hänselmann, die trotz dreier Kinder und Schichtdienst in der Altenpflege eisern zur Stange hält. Ein bisschen stolz sind die langgedienten Amateurmimen auch auf die mittlerweile bekannten Profis, die einst mit ihnen auf der Bühne standen. Jan Josef Liefers und Uwe Steimle sind nur zwei Beispiele. Als der Trägerbetrieb nach der Wende wie so viele andere VEB aus der Wirtschaftslandschaft verschwand, wurde aus dem Arbeitertheater "Hans Otto" der Verein H. O.Theater e. V. Das Podium auf der Hauptstraße - einst eigens für die Laienspieler gegründet - blieb noch eine ganze Weile ihre feste Spielstätte. Mit der neuen Inszenierung folgt das H. O. Theater dem Podium nun ins Societaetstheater. Seit kurzem werden die Mimen von der Dresdner Bürgergesellschaft für Kulturförderung und vom Unternehmer Karl Nolle, der einen Teil des einstigen Grafischen Großbetriebes "Völkerfreundschaft" in eine moderne Druckerei verwandelte, unterstützt.
"Der Besuch der alten Dame" wird morgen und übermorgen 21 Uhr und am Sonntag 20 Uhr im Kleinen Saal des Societaetstheaters gespielt.
(von Birgit Hilbig)

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