Karl Nolle, MdL

Jungend- u. Familienzentrum Gorbitzer Regenbogen, 11.11.2000

Mit den Menschen sprechen und sie einbeziehen ...

Rede zum fünften Geburtstag des "Gorbitzer Regenbogens"
 
Liebe Bundestagsabgeordnete Antje Hermenau,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Das Stichwort von vorhin möchte ich noch einmal aufgreifen. Ja es stimmt, wenn unsere Kinder, unsere Partner und Familien soviel Zuwendung erfahren würden. Wenn sie so gepflegt und poliert würden, wie unser liebstes Kind, das Auto, dann wäre mir nicht bange auch für solch ein Projekt, wie der Regenbogen hier.

Ja es stimmt, auch die Größe eines Hundezwingers ist exakt gesetzlich geregelt. Aber wieviel Platz und Zuwendung unsere Kinder erhalten sollen – Fehlanzeige in unser menschlichen Gesellschaft.

Da bleibt also auch in Zukunft der „kleine“ Unterschied zwischen den Kindern „mit guter Kinderstube“ und denen mit „einer nur einfachen Spielecke“. Aber das muß ja nicht schlechter sein.

Mein Name ist Karl Nolle, ich freue mich sehr und bedanke mich, heute im Gorbitzer Regenbogen zum 5. Geburtstag des Jugend- und Familien-Zentrums Grüße und gute Wünsche überbringen zu dürfen, nicht nur als Förderer und Sponsor dieser Veranstaltung sondern auch als Unternehmer-, SPD-Landtagsabgeordneter und designierter Kandidat für die OB-Wahlen 2001.

Ich möchte Ihnen kurz ein paar Gedanken vorstellen, zum Denkanstoß und zur Diskussion:

Wenn schon die Zusammensetzung der Parlamente und Rathäuser heute wenig die beruflichen und Lebenserfahrungen der Menschen widerspiegel, so ist es um so wichtiger, mit den Menschen, wie mit Ihnen vor Ort zu reden und sich wechselseitig kennenzulernen.

Meine Damen und Herren,

Wir leben in einer Zeit der Werteveränderung.
Kaum verstellbar, noch vor einigen Jahren, daß eine Stadt wie Dresden oder ein Land wie Sachsen, auf einmal für die Kinder, für die Jugend, für die Eltern oder alleinerziehende Mütter und Väter, für die alten Menschen, für die Schwachen und Kranken, für Jugendpolitik, Sportpolitik, für Familienpolitik, Sozialpolitik, ja für Kultur, Bildung und Weiterbildung - ein armes Land sein soll.

Zu den Wahrheiten, die gesagt werden müssen, gehört: Deutschland ist eines der reichsten Ländern der Welt. Das Geld ist da. Aber offensichtlich nicht an der richtigen und notwendigen Stelle.

Dann müssen wir eben dafür sorgen, daß es an die richtige Stelle kommt, wenn es gilt die notwendigen sozialen Aufgaben der Gesellschaft wahrzunehmen.

Und ich füge hinzu:

Wer heute an unseren Kindern und ihrer Ausbildung, an unseren Familien oder an Kranken, an Kultur und Sport spart, wird morgen teuer bezahlen.

Nicht das gespart werden muß, das sollten wir immer, aber Sparen um des Sparens willen, das macht keinen Sinn. Jeder, der von Sparen redet, sollte klar und konkret sagen, wozu gespart werden soll oder muß.

Welche seltsamen Blüten diese Sparpolitik treibt z.B. bei der Gesundheitsreform und das Transparenzgebot für die Arztkosten, kann man an den, wie die Herkuleskeule sagt, "aufgedunsenen Hungerbäuchen unseres armen Ärtztestandes" sehen. Überhaupt verstehen es, die Lobbyisten sehr gut vom der Allgemeinheit zu sprechen und vom gemeinen Eigennutz zur eigennützigen Gemeinheit zu kommen.

Der Mangel an heutiger Politik, gerade auch hier in Dresden, ist doch nicht, dass gespart werden muss, das ist schon problematisch genug, sondern dass wo Menschen betroffen sind, nicht mit ihnen gesprochen wird.

Bewohner der Neustadt haben seit zwei Jahren Briefe an die Staatskanzlei, den Regierungspräsidenten und den Oberbürgermeister geschrieben, um auf die beklagenswerten Zustände in der Alaunstrasse hinzuweisen. Keine Reaktion!

Eine von Eltern und Schülern besetzte Schule, die per Verwaltungsakt geschlossen werden sollte, wird nachts von der Polizei geräumt, auf Weisung des OB.

Dabei wären doch kleine Klassen eine Chance für einen erfolgreicheren Unterricht mit weniger genervten und weniger belasteten Lehrern.

Auch die Chance, die im Dresdner Schülerrechenzentrum lag, einer einmaligen Einrichtung der Begabtenausbildung für Informatik und Computerkunde für jährlich 120 Jugendliche, sollte durch einen Verwaltungsakt des Dresdner Bürgermeisters für allgemeine Verwaltung quasi geschlossen werden, ohne Gespräche mit Lehrern, Schülern oder dem Förderverein zu führen, auch nicht ansatzweise. Keine Gespräche mit Betroffenen, dafür wird administriert.

Ebenso bei vielen bedrohten Jugendeinrichtungen keine Gespräche, bei bedrohten Kulturinitiativen keine Gespräche. Und das bedeutet: Kein Geld für Erziehung, Bildung, Kultur, ungenügend Ausbildungsplätze, zu wenig Arbeitsplätze und abgebaute Studienplätze.

Da brauchen wir uns nicht wundern, wenn die Haare lila, die Lippen durchstochen werden, und Kampfstiefel oder Glatzen „in“ sind.

Ludwig Güttler hat dazu angemerkt:
„Wenn wir uns in Deutschland nicht wirklich um die nachwachsende Generation kümmern - und zwar in jeder Beziehung, dann werden wir schwere Schuld auf uns laden. Nicht für das was wir getan haben, was wir falsch gemacht haben, sondern für das was wir unterlassen haben.“

Deswegen sage ich: Nicht weniger Geld ist notwendig für eine soziale Politik in Dresden, sondern mehr für die Kinder, mehr für Jugend, mehr für Sport, mehr für Bildung, mehr für Weiterbildung, mehr für Ausbildung, mehr für die Unis und natürlich mehr für Kunst und Kultur in Dresden. Weil es richtig ist was Pablo Picasso gesagt hat: „Kunst wischt den Alltag von unserer Seele“

Für eine solche Politik ist es das Wichtigste, mit den Menschen persönlich zu sprechen, sie anzuhören, sie einzubeziehen, und eben nicht sich im Rathaus zu verstecken und nur von oben zu administrieren oder administrieren zu lassen.

Und wir sollten dafür sorgen, dass wir nicht noch mehr überschüttet werden durch geistlose Medien und billige Fernsehprogramme, von denen die Kaberettisten der Herkuleskeule kürzlich sagten:
„Das heutige Samstagabendfernsehen ist der Beweis dafür, daß der Gehirntod nicht das Ende des Lebens ist.“

Auch diese negativen, verdummenden Einflüsse zurückzudrängen, das wäre richtige, notwendige und gute Familienpolitik, wie Sie, meine Damen und Herren, sie hier im Gorbitzer Regenbogen auf Ihre Weise schon praktizieren.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine fröhliche Geburtstagsparty und eine weiter erfolgreiche Zukunft.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: