Karl Nolle, MdL

Rede im Plenum des Sächsischen Landtages, Schlusswort, 18.01.2001

Rede zur katastrophalen Situation in der Lausitz

Schlusswort
 
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Verehrter Herr Hardraht, ich bin weiter als Axel Springer in den Osten gegangen, nämlich nach Dresden. Wenn Sie sich auf der Landkarte auskennen, dann wissen Sie, dass Dresden östlicher liegt als Berlin,

(Unruhe bei der CDU)

und zwar, werte Kollegen von der CDU, bin ich lange vor Ihnen hierher gekommen, Herr Hardraht um einen bankrotten Druckereibetrieb zu retten. Ich habe persönlich 60 Arbeitsplätze geschaffen. Ich hoffe, dass auch Sie eine solche Bilanz vorweisen können.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Ich will damit nur deutlich machen, was ich hier getan habe. Ich bin auch Ehrenbürger der Lausitz geworden. Sehen Sie mal!

(Abg. Nolle, SPD, hält eine Plakette in Richtung Plenum. -

Beifall bei der SPD)

Ich finde, man muss vor den Menschen den Hut ziehen, die das, was Sie an Politik fabrizieren, noch mit Humor nehmen.

Herr Hardraht, Ihr letztes Wort war, die Opposition würde Ihre Politik schlechtreden.

Herr Hardraht, Sie machen schlechte Politik, und dies beschreiben wir!

(Beifall bei SPD und PDS)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss nenne ich drei hervorragende Beispiele für die Tatsache, dass Sachsen „spitze“ ist und „spitze“ bleibt.

Erstens. Ich habe hier eine Liste mit Projektanträgen, die im letzten Jahr aus Hoyerswerda beim SMWA eingereicht wurden:

1. Ausschreibungsinformationsdienst, 2. Europäische Firmenkontaktbörse, 3. Wissenschaftskolleg Lausitz, 4. Teleakademie als Verbundprojekt, 5. Elektronischer Branchenführer, 6. Innovationsassistenten, 7. Netzwerk zur IT-Ausbildung, B. Stadtionformationssysteme, 9. Kommunikation über Videotechnik.

Meine Damen und Herren, kein einziger dieser Anträge wurde bisher genehmigt; zu einigen gibt es noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung.

(Zurufe von der PDS: Hört, hört!)

Herr Vehse, Sie kennen die Dokumente ganz sicher. Deswegen sind Sie auch so schweigsam.

(Heiterkeit bei SPD und PDS)

Damit, meine Damen und Herren, werden die Behauptungen der Herren Hardraht, Schommer und Vehse, die Lausitz sei Höchstfördergebiet und man müsse nur die entsprechenden innovativen Projekte bringen, damit etwas passiere, praktisch ad absurdum geführt.

Das zweite Beispiel dafür, dass Sachsen weiter spitze ist:

Skandalöse Missstände bei der Förderung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen. Eine große Zahl von Unternehmen hat im letzten Jahr Anträge auf Förderung von Auszubildenden gestellt. Die Begründung für die Ablehnung lautete:
Geldmangel! Das ist ein Skandal!

(Beifall bei der SPD)

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Förderung von Ausbildungsplätzen eine reine Alibiveranstaltung der Staatsregierung ist und besonders die Sorge um die strukturschwachen Regionen in Wirklichkeit eine bewusste Täuschung darstellt.

Ich nenne ein Beispiel. Ein Unternehmen in Zittau, das im Juli 2000 einen Antrag auf 3000 DM stellte, erhielt fünf Monate später, am 12.12.2000 - der Lehrling war längst beschäftigt - die Ablehnung. In der Begründung heißt es:

"In der Richtlinie ist festgelegt, dass im Rahmen dieses Förderprogramms Pro Ausbildungsjahr bis zu 4 500 Platze gefördert werden. Zum Zeitpunkt des Eingangs Ihres Förderantrages bei den zuständigen Stellen waren die bereitgestellten Haushaltsmittel für die im Freistaat Sachsen insgesamt förderbaren 4500 zusätzlichen Ausbildungsplätze bereits gebunden."

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und PDS)

z. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Nolle, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nolle, SPD: Ja, bitte.

Jurk, SPD: Herr Kollege Nolle, würden Sie mir Recht geben, dass durchaus Geld vorhanden ist? Ich stelle diese Frage in Anbetracht der Tatsache, dass der Finanzminister zum Beispiel im laufenden Haushaltsjahr 218 Millionen DM für den Sachsen Finanzverbund und 363 Millionen DM für die Anteile der Landesbank an der Sächsischen Aufbaubank im Haushaltsplan einfach gefunden hat.

Nolle, SPD: Lieber Kollege Jurk, das ist ja das Besondere bei uns in Deutschland: Das Geld ist reichlich da, nur an der falschen Stelle.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Die Staatsregierung verweist immer wieder auf ihre Bemühungen, die so genannten Gebiete mit besonderen Entwicklungsaufgaben zu unterstützen. Wenn es dann, wie hier, um konkrete Maßnahmen geht, nämlich um die Förderung von zusätzlichen Ausbildungsstellen, bleibt von den Worthülsen nichts weiter übrig. Der geschilderte Fall aus Zittau ist exemplarisch für die rücksichtslose, unsoziale Politik der CDU.

Ich kann das auch für die Druckindustrie sagen. Auch dort gibt es ebenso zahlreiche Fälle, in denen eine Ablehnung wegen zu wenig Geld erfolgte, und zwar trotz des Bemühens, Ausbildungsplätze zu schaffen.

Das dritte Beispiel ist die Denkschrift des Kreistages Löbau/Zittau an den Landtag, die Ihnen teilweise vorliegt, vom September letzten Jahres.

Sie sind am Ende Ihrer Beschönigungskunst, meine Damen und Herren, angelangt. Ich gebe dieses Dokument der Traurigkeit gleich zu Protokoll. Ich habe keine Zeit mehr, es zu zitieren. Ihre Politik ist ein Affront gegen die ehrlichen und fleißigen Menschen in Sachsen und die von Ihnen um Ihre Lebenschancen in ihrer angestammten Heimat gebrachten Menschen Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und PDS)

z. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich bitte die CDU-Fraktion um ihr Schlusswort. Herr Abg. Lehmann.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: