Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.05.1999

Drei Kreuze, Nacktes und Minigesichter

Oder: Was neben dem klassischen Wahlplakat noch so den Bürger verwirrt
 
DRESDEN. An den Hauptstraßen sollen sie dem wahlberechtigten Bürger den letzten Schub vorm 13. Juni geben. Die Wahlplakate. Viele Farben, knappe Symbole, graue und junge Köpfe - die Werbung für Dresdens potentielle Stadtratsmannschaft spricht unterschiedlich an.
Von Peter Redlich
Verwirrung wird beispielsweise produziert. "FDP, das ist Gelb." Daran kann sich jeder politisch Interessierte erinnern. Aber Kaden (CDU) und seine drei Kreuze, überhaupt die ganze Christdemokratenriege kommt auch Gelb daher. Immerhin: "Kluger Stadtrat", dahinter könnte eine Idee stecken. Auch wenn mancher zwischen die Worte noch ein Komma gesetzt hätte. Was ungewollt nach hinten losgehen kann, zeigt Karl Nolle in Striesen. Am Hüblerplatz ist von seinen Plakaten von den Vorbeifahrenden lediglich das große NO zu erkennen. Daß auf der Rückseite noch zwei L und ein E stehen, bekommen nur die selten hier vorbeikommenden Fußgänger mit. Immerhin, der Sozialdemokrat ergänzt seine Namensbuchstaben mit Losungen und verschiedenen Gesichtsausdrücken auf den Fotos. Überhaupt, die Fotos: Streichholzschachtelgroß hat die PDS alle ihre Männer und Frauen auf ein Plakat gezwängt. Das müßte man sich bei Interesse mit nach Hause nehmen, wenn man die "Gesichter der Stadt" erkennen will. Und die blaubemalte Oberkörpernacktheit der Liberalen ist gleich nur ein Wahlgag und keine Kandidatin. Es ist schwer, dem Wahlbürger per Baum- oder Laternenanschlag die Politikvertreter und ihre Versprechen nahezubringen. "Ich will die Person erkennen, was vom Erscheinungsbild mitbekommen", sagt Hans-Peter Naidenoff. Karl-Heinz Kaufmann: "Kaden und drei Kreuze. Ist das ein Mann, eine Frau, jung, alt? Welche Partei ist es?" "Ich orientiere mich ohnehin nicht an Plakaten, sondern schaue mir die Kandidaten in der Zeitung an", sagen Jaqueline Neumeister und auch Rosemarie Gretzschel. Wo werden eigentlich die Einfälle für das auf den Plakaten Abgebildete geboren? Bei den großen Chefs in Bonn? In Werbeagenturen? Sind es Eigenschöpfungen? Von allem etwas. Die Junge Union mit den drei Kreuzen hat sich's selber ausgedacht. In der PDS-Runde veranstaltet man Spinnstunden. Die FDP hat ohnehin Marketingexperten an der Spitze, und bei der SPD und den Grünen ist es ein Mix aus Kandidaten-Ideen und Vorgegebenem, für die Europawahl etwa. Doch die meisten hielten sich ans klassische Wahlplakat: Kopf, Name, Partei, allenfalls noch ein Spruch und möglichst hoch oben an der Litfaßsäule als Schutz vor Schmierfinken.
(Peter Redlich)

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