Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 19:32 Uhr, 07.01.2015

AfD in Sachsen und Pegida loten Schnittmengen aus

 
Die Anti-Islam-Bewegung Pegida sieht sich durch den Terroranschlag in Paris bestätigt und ruft in Dresden zu einer weiteren Kundgebung auf - mit Trauerflor. Inwieweit sich die politischen Vorstellungen mit denen der AfD decken, sollte ein Gespräch in Dresden klären.

Dresden (dpa/sn) - Die sächsische AfD-Landtagsfraktion und das islamkritische Pegida-Bündnis loten mögliche politische Gemeinsamkeiten aus. Die Landes- und Fraktionsvorsitzende Frauke Petry bestätigte am Mittwochabend, dass ein ursprünglich für den Abend im Landtagsgebäude geplantes Treffen bereits zuvor andernorts stattgefunden habe. Nach Angaben von Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel sollte es bei dem umstrittenen Gespräch um mögliche Schnittmengen ihres Bündnisses mit der AfD gehen. Über den Verlauf wurde zunächst nichts bekannt. Einzelheiten sollten am Donnerstag mitgeteilt werden.

Die selbst ernannten Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) sehen unterdessen ihre Befürchtungen angesichts des offensichtlich islamistischen Terroranschlags von Paris bestätigt. Bei den Demonstrationen des Bündnisses gehen seit Mitte Oktober immer montags Tausende in Dresden auf die Straße. Zuletzt waren dem Aufruf 18 000 Menschen gefolgt, um gegen eine angebliche Überfremdung und für eine Verschärfung des Asylrechts zu demonstrieren.

Stadt und Freistaat sehen den Ruf der Landeshauptstadt beschädigt und haben für kommenden Samstag zu einer Großkundgebung vor der Frauenkirche aufgerufen, um ein Zeichen «für Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Dialog im Miteinander» zu setzen.

Für den nächsten sogenannten «Abendspaziergang» am kommenden Montag forderten die Pegida-Organisatoren ihre Anhänger auf, Trauerflor für die zwölf Todesopfer des Terroranschlags auf die Redaktion des französischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» zu tragen. «Die Islamisten, vor denen Pegida seit nunmehr zwölf Wochen warnt, haben heute in Frankreich gezeigt, dass sie eben nicht demokratiefähig sind, sondern auf Gewalt und Tod als Lösung setzen!», hieß es auf der Facebook-Seite der Bewegung.

Auch der stellvertretende AfD-Bundes- und brandenburgische Landesvorsitzende Alexander Gauland interpretiert den Anschlag als Rechtfertigung für Pegida. «All diejenigen, die bisher die Sorgen der Menschen vor einer drohenden Gefahr durch Islamismus ignoriert oder verlacht haben, werden durch diese Bluttat Lügen gestraft.» Gauland sieht die Dresdner Pegida-Anhänger als natürliche Verbündete seiner Partei.

Sein Vorstandskollege und AfD-Europaabgeordneter Olaf Henkel warnte indes bei «Focus online» davor, den Anschlag zu missbrauchen und damit die «Stimmung gegen Ausländer anzuheizen». Er selbst würde sich nicht mit Pegida an einen Tisch setzen. Grundsätzlich sei es aber legitim, wenn die sächsische AfD die Pegida-Initiatoren kennenlernen wolle.

Sachsens SPD-Fraktionschef Dirk Panter warf dem Anti-Islam-Bündnis vor, sich für ihren Kontakt zur Politik diejenigen herauszupicken, die ihnen genehm seien. «Und es mutet schon seltsam an, dass ein solches Gespräch mit nur einer Fraktion ausgerechnet im Landtag hinter verschlossenen Türen stattfindet - obwohl das Parlament doch der Ort ist, der für einen öffentlichen Meinungsstreit von Demokraten steht.»

«Die AfD agiert derzeit wie ein Staubsauger», sagte die frühere Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau der Deutschen Presse-Agentur. «Augenblicklich hat die AfD ein Problem, die Höhe zu halten, in die sie hochgeschaukelt wurde. Deshalb versucht sie, sich bei Pegida eine Scheibe abzuschneiden.»

Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (beide CDU) appellierten an die Bürgerinnen und Bürger, am Samstag vor der Frauenkirche in Dresden für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und den Zusammenhalt der Gesellschaft einzustehen. Die Pegida-Demonstrationen repräsentierten nicht die Stadt Dresden, sagte Orosz. «Weil wir anders ticken. Weil wir für Weltoffenheit und Internationalität, für Diskussion und Miteinander stehen.»

Martin Fischer (Dresden)

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071932 Jan 15