Karl Nolle, MdL

Spiegel Online, 17.05.2001

Angriffe gegen Schröder

"König Kurt" wittert SPD-Intrige
 
DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf kann erst mal aufatmen: Die CDU-Mehrheit im Landtag verhinderte die von der PDS verlangte Rücktrittsaufforderung. Getreu dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" nimmt der Bedrängte nun Kanzler Schröder ins Visier.


Schießt gegen die SPD: Kurt Biedenkopf

Dresden - Biedenkopf hatte vor der Landtagssitzung Vermutungen geäußert, dass die Vorwürfe gegen ihn von der Bundes-SPD inszeniert seien. Dabei sei der Name von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gefallen, hieß es. Im Unterschied zum früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker habe es von Schröder keinen "Zwischenruf" in dieser Sache gegeben. Weizsäcker hatte Biedenkopf mit Blick auf die Anschuldigungen in Schutz genommen.
Die Bundes-SPD wies die Vorwürfe zurück, die auch vom sächsischen CDU-Fraktionschefs Fritz Hähle geäußert worden waren. "Herr Hähle lenkt ab", sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung". "Die Wahrheit ist für ihn und die CDU bitter: Es läuft ein Demontageprogramm der sächsischen CDU am eigenen Ministerpräsidenten."


CDU gegen PDS-Antrag

Die CDU-Mehrheitsfraktion im Landtag hatte am Nachmittag die von der PDS verlangte Rücktrittsaufforderung an Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) verhindert. Die Christdemokraten stimmten bei der Sondersitzung zu den umstrittenen Mietverhältnissen des Regierungschefs geschlossen gegen den Antrag. Drei Parlamentarier der SPD enthielten sich, die übrigen Abgeordneten der SPD votierten mit der PDS.

Vorangegangen war eine Debatte um die Modalitäten der Abstimmung. Die PDS hatte eine geheime Abstimmung gefordert, offenbar um CDU-interne Kritiker auf ihre Seite zu ziehen. Letztlich wurde aber öffentlich abgestimmt.

Für die SPD hatte deren Fraktionschef Thomas Jurk den Ministerpräsidenten aufgefordert, "den Weg freizumachen, damit dieser Landtag sich wieder mit den dringenden Sachthemen auseinander setzen kann".

Die CDU-Fraktion hatte zwar vor der Abstimmung über den PDS-Antrag klargestellt, dass sie diesen ablehnen werde. Aber ganz kritiklos nahm sie die Affäre denn doch nicht hin. Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Heinz Eggert hatte am Morgen im Hessischen Rundfunk eine offene Diskussion über die Vorwürfe gegen Biedenkopf gefordert: "Ein Rücktritt wäre die sauberste Lösung, wenn all das stimmt, was ihm vorgeworfen wird." Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel und sein hessischer Amtskollege Roland Koch stellten sich dagegen demonstrativ hinter Biedenkopf.


Der Hofstaat und die Intrige

Die Affäre um Miethöhen und Yachtausflüge ist auch im Zusammenhang mit der ungelösten Nachfolgefrage in Sachsen zu sehen, die in der Entlassung von Finanzminister Georg Milbradt (CDU) aus dem Kabinett ihren bisherigen Höhepunkt fand. Folglich goss die Opposition in dieses Feuer reichlich Öl. PDS-Chef Peter Porsch fand deutliche Worte: "Wer sich jahrelang loben lässt dafür, dass er keinen anderen mit eigener Meinung neben sich duldet, darf sich nicht wundern, dass der Hofstaat und das Fußvolk außer der Intrige nichts beherrschen."