Karl Nolle, MdL

MDR Online, 17.05.2001

"Wenn die Vorwürfe zutreffen, ist ein Rücktritt Biedenkopfs überfällig."

Interview mit Heinz Eggert
 
Er gilt als einer der größten Gegner Biedenkopfs in den eigenen Reihen. Heinz Eggert, sächsischer Vize-Chef der CDU, fordert eine rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten des Freistaats. Für MDR ONLINE sprach Martin Mair mit dem sächsischen CDU-Politiker.

Herr Eggert, als eines der wenigen Mitglieder ihrer Partei schließen Sie einen Rücktritt von Kurt Biedenkopf nicht kategorisch aus.

Eggert: Zurückgetreten wird erst, wenn tatsächliche Gründe vorliegen. Und wir wissen noch nicht, ob die Vorwürfe tatsächlich zutreffen. Dies muss erst geprüft werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Forderung der PDS nach einem Rücktritt billig, da eine Schuld des Ministerpräsidenten nicht erwiesen ist. Sollten die Anschuldigungen aber tatsächlich zutreffen, dann ist ein Rücktritt Biedenkopfs überfällig.

Wie sollen die Vorwürfe denn aufgeklärt werden?

Hier sind alle Parteien im sächsischen Landtag gefordert. Wir haben uns mit SPD und PDS im Haushaltsausschuss darauf geeinigt, den Bericht der Staatskanzlei und den des Rechnungshofes am 30. Mai auszuwerten. Danach können wir über Schuldzuweisungen sprechen.

Steckt hinter Ihrer nachdrücklichen Forderung nach Aufklärung nicht auch der Ärger über die Nachfolgedebatte, die Biedenkopf an sich gerissen hat?

Ich kann beide Dinge sehr genau trennen. Ich denke schon, dass Biedenkopf in der Debatte um seine Amtsnachfolge nicht alles richtig gemacht hat und wundere mich teilweise auch über seine Reaktionen. Das kann aber nicht mit der persönlichen Beschädigung eines Ministerpräsidenten verbunden sein.

Der CDU-Vorsitzende Hähle sieht hinter den Vorwürfen eine Kampagne der SPD, die damit Stimmen für die nächste Landtagswahl sammeln wolle. Teilen Sie diese Ansicht?

Einige Äußerungen waren sicher unter der Gürtellinie. Aber alle Fragen, die an Biedenkopf gestellt werden, müssen sachlich aufgeklärt werden. Das ist unsere einzige Chance. Und da der Ministerpräsident selbst immer sehr viel von Wahrheit und Klarheit spricht, müssen diese Worte auch auf ihn selbst angewendet werden.

Biedenkopf hat sich in der gestrigen Debatte im Landtag selbst nicht zu Wort gemeldet. Halten Sie dieses Verhalten für angemessen?

Es war sehr klug, dass der Ministerpräsident geschwiegen hat. Ob die Strategie der Staatskanzlei im Umgang mit den Vorwürfen von Anfang an optimal war, bezweifle ich allerdings. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte sich mit ihren Äußerungen zu den Anschuldigungen zunächst zurückgehalten. Denn jede Aussage, die sich später als unvollständig erwiesen hat, hat zu neuem Misstrauen geführt.

Spätestens seit dem Rauswurf des ehemaligen Finanzministers Milbradt ist es in der sächsischen CDU sehr turbulent geworden. Kann sich das mit Biedenkopf an der Spitze überhaupt noch legen?

Davon bin ich überzeugt. Wenn ein Ministerpräsident geht und ein neuer gewählt werden soll gibt es innerhalb einer Partei auch Streit. Das ist legitim, solange keine Intrigen geschmiedet werden und niemand öffentlich verletzt wird.

17.05.2001 14:10