Karl Nolle, MdL

SPIEGEL ONLINE, 17.05.2001

Biedenkopf will nicht Kohl sein

Vergleichende Politikwissenschaft
 
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf will nicht mit Helmut Kohl verglichen werden. Zwar regiert er auch schon ziemlich lange, hat Affären und wird zunehmend unzugänglich. Doch fehlten ihm noch die schwarzen Konten und illegalen Barspenden.

DRESDEN - "Ich habe schließlich keine schwarzen Konten gehabt und keine Spendenmittel eingesetzt", wies Biedenkopf im DeutschlandRadio Berlin jegliche Kohl-Vergleiche zurück. Anderer Ansicht ist SPD-Generalsekretär Franz Müntefering: Biedenkopf habe "wie Helmut Kohl den Zeitpunkt verpasst zu gehen".

Biedenkopf galt lange als Kritiker des "Systems Kohl" und dessen autoritären Regierungsstils. Kohl empfand dies als Majestätsbeleidigung und Biedenkopf geriet ins Abseits. Mit der Wende sah der heute 71-Jährige die Chance gekommen, seine eigene Monarchie zu gründen. Seit zehn Jahren regieren er und die Landesmutter Ingrid - auch "Lamu" genannt - den Stamm der Sachsen und sind in der Bevölkerung äußerst beliebt.

Seit einigen Monaten bekommt die Herrschaft Biedenkopfs aber zunehmend Kohlsche Züge. Erst feuerte er seinen möglichen Nachfolger, den Finanzminister Georg Milbradt. Der war Biedenkopf wohl zu mächtig geworden. Auch in der eigenen Partei wächst seither der Unmut über Biedenkopf. "Wir sind keine Monarchie, wo der König oder die Königin die Nachfolge bestimmt", sagte der ehemalige CDU-Minister Heinz Eggert.

Zudem wird Biedenkopf seit Wochen vorgeworfen, sich im Amt Vorteile verschafft zu haben. Der Politiker hatte das wiederholt zurückgewiesen und einen Rücktritt ausgeschlossen. Zu der Affäre um das privat genutzte Personal des Gästehauses, in dem das Ehepaar Biedenkopf lebt, meinte der Politiker im DeutschlandRadio: "Es wird sich zeigen, dass die Dinge weitgehend in Ordnung waren."