Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung, 28.06.2001

Was wird dann aus Herbert Wagner?

Am 31. Juli muss er das Rathaus räumen
 
„Ich muss jetzt erst mal mit mir selbst ins Reine kommen!„ OB Herbert Wagner (52, CDU) wirkte demoralisiert, als er gestern im Rathaus vor die Journalisten trat. Gerötete Augen, hängende Mundwinkel, flatterige Stimme...

Und alle wollten nun wissen: Wird aus Wagner wenn Wahlsieger Ingolf Roßberg (40) am 1. August das Amt übernimmt?
„Ich weiß es nicht!" sagte Wagner mit ratlos geöffneten Händen. „Ich und meine Frau, wir haben fest mit den nächsten sieben Jahren als OB gerechnet... Es waren viele, die das Wild gejagt
heben, nun ist es erlegt..."

Erschrocken schaute CDU-Fraktionschef Michael Grätsch nach diesem Zitat. Nein, wild und quirlig war Herbert Wagner nie. Eher ein Mann der leisen Töne.

Also wohin nun mit ihm? In die freie Wirtschaft, in den CDU-Kreisvorstand oder bietet ihm Roßberg gar einen Dezernenten-Posten an?

„Nein, Dezernent würde ich keinesfalls werden, nicht nach diesem Wahlkampf", so Wagner leise. „Ich werde im September 53, habe also noch, einen Lebensabschnitt vor mir... Ich brauche einige Wochen vielleicht Monate Ruhe, dann sehe ich klarer, werde etwas Neues suchen."

Am Hungertuch wird er nicht nagen, denn ihm stehen monatlich 4800 Mark Pension zu. Lebenslang! Das sind 35 Prozent seines letzten Gehaltes.

Aber: Bislang stand Wagner im Mittelpunkt, war gefragt. Wird er das vermissen?

„Ich mache hier vor Ihnen keine Seelenschau", sagte er kurz. Doch dann bricht der Frust aus ihm heraus. Er habe alles auf den Weg gebracht: die VW-Manufaktur, die Webergasse, die Waldschlösschenbrücke, Frauenkirche - elf Jahre Arbeit.

„Alles läuft jetzt ohne mich, das schmerzt, ...und wie gerne hätte ich in ein paar Jahren die Frauenkirche eröffnet!"
(Robert Kuhne)