Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa, 14:49 Uhr, 16.12.2001
Biedenkopf weiter in Bedrängnis - Hähle stützt Ministerpräsident
Dresden (dpa/sn) - Der Druck auf Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hält weiter an. Die «Bild am Sonntag» zitierte den sächsischen CDU-Generalsekretär Hermann Winkler mit dem Satz «Herr Biedenkopf sollte zurücktreten». Dies dementierte Winkler am Sonntag in einem Gespräch mit der dpa: «In der Fraktionssitzung am Donnerstag habe ich gesagt, dass die Dinge vom Tisch müssen. Der Zeitpunkt für einen Rücktritt liegt bei Kurt Biedenkopf allein», sagte Winkler der dpa.
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle stützte Biedenkopf: «Er hält das Heft des Handelns fest in der Hand.» Er werde es nicht dulden, dass «die Erfolge des Ministerpräsidenten wegen dieser Lappalie kaputt gemacht werden», erklärte Hähle.
«Wir haben auf Landesebene vereinbart, dass der neue Vorstand für Ruhe und Geschlossenheit in der Partei sorgen soll», sagte der Fraktionschef. Nun erwarte er ein deutliches Zeichen des Landesvorsitzenden Georg Milbradt. Die Vorwürfe gegen Biedenkopf bezeichnete Hähle als «Schwachsinn, den ich nicht dulden werde».
Die sächsische FDP forderte unterdessen, Biedenkopf solle die Vertrauensfrage im Landtag stellen. FDP-Landeschef Holger Zastrow sagte, Biedenkopf sollte so viel «Mumm und Ehre» haben, sich einem neuen Votum im Parlament zu stellen. «Ob Milbradt, Schevenstraße, Chiemsee, Paunsdorf oder Rabatte - Biedenkopf ist unfähig zur Reue und gefährdet mit den ständigen Affären um seine Person und seine Frau sein Lebenswerk», sagte er.
Das Nachrichtenmagazin «Spiegel» berichtet in seiner neuen
Ausgabe, dass einem von Biedenkopf protegierten Großinvestor Steuern in Höhe von 20 Millionen Mark (10,2 Millionen Euro) erlassen worden sein. Regierungssprecher Michael Sagurna wies die Vorwürfe zurück.
Bei dem angeblichen Günstling Biedenkopfs handelt es sich um den Heidelberger Bauunternehmer Roland Ernst. Er sei bei der später in Konkurs gegangenen Sachsenmilch AG und dem Dresdner Herzzentrum involviert gewesen. «Herr Biedenkopf unterhält keinerlei freundschaftlichen Kontakt zu dem Bauunternehmer. Die Geschichte ist über 15 Ecken konstruiert», erklärte Sagurna. Zwischen Ernsts Finanzgeschäften und dem Herzzentrum gebe es keinen Zusammenhang.
Biedenkopf hatte bereits am Freitag erklärt, er habe sich für das Herz- und Kreislaufzentrum nicht anders eingesetzt als für andere Projekte auch. Niemals habe er «in Abweichung von seiner Pflicht, für dieses Land zu handeln, irgend irgendjemanden bevorzugt».
Hintergrund sind Vorwürfe der Opposition, Biedenkopf habe den mit ihm befreundeten Bauherrn des Leipziger Behördenzentrums Paunsdorf, Heinz Barth, begünstigt und sich von ihm Mietkonditionen diktieren lassen. In dem dazu eingesetzten Untersuchungsausschuss will der Ministerpräsident am 10. Januar erneut Stellung beziehen. Biedenkopf war in der vergangenen Woche auch durch den umstrittenen Rabatt-Kauf beim schwedischen Möbelhersteller Ikea stark unter Druck geraten. Einen raschen Rücktritt schloss Biedenkopf allerdings aus.
dpa/sn hö yysn hg
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