Karl Nolle, MdL

LVZ/Leipziger Volkszeitung, 07.01.2002

Nolle-Vorwurf: Biedenkopf soll Möbel "privatisiert" haben

 
Dresden. Als Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) im Spätsommer vergangenen Jahres das Gästehaus der Landesregierung verließ, hatte er nur ein Ziel: Schluss sollte sein mit der Kritik an Billig-Miete, an Putz-, Koch- und Bügelservice; der Umzug sollte den Endpunkt markieren von jenen unkonventionellen Lebensverhältnissen in der Schevenstraße, die ihm das Jahr 2001 gründlich verhagelt hatten. Doch daraus wird vorerst nichts. Die Vermischung von Privat- und Dienstbereich verfolgt den Regierungschef weiter.

Jetzt beschäftigt die Affäre erneut den Landtag. Und wieder geht es um den Vorwurf der Untreue, und wieder ist es der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, der Biedenkopf mit einem Anfragenbündel das Leben schwer macht. Im Mittelpunkt steht das Inventar, darunter Gemälde, Silberleuchter, Standuhren und Möbelstücke im Gesamtwert von rund 77 000 Euro (150 000 Mark). Diese Gegenstände, hatte Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) Ende Oktober mitgeteilt, gehörten der Familie Biedenkopf. Aus diesem Grunde werde sie der Ministerpräsident "mit Räumung des Gästehauses zurücknehmen".

Nolle bezweifelt das. "Ich habe Hinweise auf rechtswidrige Aneignung fremden Eigentums", sagte er gestern. Es gebe "Aussagen von mehreren absolut glaubwürdigen Informanten", dass Biedenkopf bei seinem Auszug Teile des Inventars "privatisiert" habe. Die Staatskanzlei widersprach den Vorwürfen. "Herr Nolle kann das gar nicht beurteilen", sagte Regierungssprecher Michael Sagurna. Die in Frage stehenden Gegenstände "gehörten der Familie Biedenkopf, und zwar von Anfang an". Sie hätten sie bereits mit nach Dresden gebracht, alles sei "klar getrennt". Fazit: Der Ministerpräsident habe "nichts mitgenommen, das ihm nicht gehört."
(von Jürgen Kochinke)