Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 26.05.2001

Nolle: "Schlag in das Gesicht der Staatsregierung"

Rechnungshof-Bericht setzt sächsisches Kabinett unter Druck
 
DRESDEN. Die Affäre von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) um Putzfrau und Mietzahlungen geht in eine neue Runde. Ein Bericht, den der Landesrechnungshof gestern in Leipzig vorgelegt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass der Ministerpräsident für seine Unterbringung im Regierungsgästehaus in der Dresdner Schevenstraße offensichtlich zu wenig bezahlt hat. Die Oppositionsparteien von SPD und PDS haben daraufhin ihre Rücktrittsforderungen an den Ministerpräsidenten erneuert.

Als die Staatskanzlei vor fast genau einem Monat einen eigenen Bericht zu den Wohnverhältnissen des Ministerpräsidenten präsentierte, hatte Biedenkopf generös verfügt, dass im Zweifelsfall zu seinen Lasten entschieden werden solle. Das könnte nun teuer werden, denn der Rechnungshof gibt dem "Brüggen-Bericht", benannt nach Staatskanzleichef Georg Brüggen (CDU), nur in einem, allerdings nicht unwesentlichen Punkt, Recht: Der Ministerpräsident habe für seine Wohnräume im Regierungsgästehaus seit Dezember 1997 einen Nutzungsüberlassungsvertrag, auf den er sich berufen könne, heißt es. Dort sind jene 8,15 Mark je Quadratmeter Kaltmiete festgeschrieben, über die seit Wochen gestritten wird. Doch während im "Brüggen-Bericht" spekuliert wird, ob dieser Betrag nicht noch zu hoch sei, kommt der Rechnungshof zu dem Ergebnis, dass 13 Mark "angemessener" wären. Deshalb müsse der Vertrag gekündigt werden. Für die Vergangenheit solle der Versuch unternommen werden, nachzuverhandeln.

Gänzliches Unverständnis wird darüber geäußert, dass ein rund 30 Quadratmeter großes Arbeitszimmer innerhalb der Privaträume des Ministerpräsidenten bei der Mietberechnung gänzlich ausgeklammert wurde. Zudem wird in zurückhaltender Form bezweifelt, ob jene Regelung vor 1997 rechtens gewesen sei. Biedenkopfs Dienstwohnung galt seinerzeit als Amtswohnung. Auf eine Miete wurde verzichtet, dafür wurde die Wohnungsentschädigung einbehalten. Nach Auffassung des Rechnungshofes hätten unter Verweis auf bundesrechtliche Vorschriften auch für diese Zeit ein Wohnentgelt verlangt werden können.

Kein Vertrag zum Personal

Als vertraglich nicht geregelt sieht der Rechnungshofbericht den Einsatz des Dienstpersonals im Regierungsgästehaus, von Putzfrau, Koch, Gärtner und Hausmeister. Bei lediglich sechs bis zehn größeren Einladungen im Jahr komme dem Einsatz des Personals für dienstliche Zwecke verhältnismäßig geringe Bedeutung zu, sagt Koehn. Für die wenigen Essen und Empfänge könne ein Catering-Service in Anspruch genommen werden. Fürs Personal soll Biedenkopf bezahlen, jährlich zwischen 80 000 bis 100 000 Mark.

Dasselbe trifft auf den Einsatz des Personals am privaten Wohnsitz des Ministerpräsidenten am Chiemsee zu, von der Staatskanzlei mit gelegentlichen dienstlichen Anlässen gerechtfertigt.

Aus dem Bericht geht aber hervor, dass fast immer, wenn das Ehepaar Biedenkopf Urlaub gemacht hat, Dienstpersonal in verschiedener Stärke an den Chiemsee beordert wurde. Dafür sieht der Rechnungshof keine gesetzliche Grundlage, denn der private Wohnsitz des Ministerpräsidenten sei schließlich keine "andere Dienststelle" der Staatskanzlei. Die Kosten für die bisherige private Inanspruchnahme des Personals sei zu ermitteln und geltend zu machen.

Nolle sieht sich bestätigt

Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle wertet den Bericht des Landesrechnungshofes in der Gästehaus-Affäre als "Schlag in das Gesicht der Staatsregierung". Alles, was die Opposition Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) in den vergangenen Wochen vorgeworfen habe, sei vom Rechnungshof bestätigt worden, sagte Nolle in Leipzig. Biedenkopf sei ein "Feigling", so lange er im Landtag nicht die Vertrauensfrage stelle und damit eine geheime Abstimmung über seine Zukunft als Ministerpräsident zulasse. "Im Grunde hat Biedenkopf die Mehrheit im Landtag schon verloren", sagte Nolle. Er fügte hinzu, dass er allerdings nicht erwarte, dass der Ministerpräsident selbst Konsequenzen zieht.

Staatskanzleichef Brüggen hat den Bericht des Rechnungshofes kritisiert. Biedenkopf habe davon ausgehen müssen, dass ab Juli 1997 die Nutzung der Räumlichkeiten in der Schevenstraße geregelt sei. Zu einigen Beanstandungen des Rechnungshofes, beim Einsatz des Personals und der Gestaltung der Mietverträge, werde es Änderungen geben.
(Ralf Hübner)