Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 20.05.2000

Mit Überraschungen ist zu rechnen

Kommende Woche wählt der Landtag Untersuchungsausschuss zum Paunsdorf-Center
 
DRESDEN. Am Donnerstag kommender Woche wird der sächsische Landtag die Mitglieder für den Untersuchungsausschuss wählen, der die Verwicklung von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und weiterer Mitglieder der Staatsregierung bei der Anmietung des so genannten Paunsdorf-Centers in Leipzig 1993 klären soll.
Während SPD und PDS ihre Kandidaten benannt haben, kommt die Aufstellung von Ausschussmitgliedern bei der CDU nur schwer voran.
Die PDS besetzt drei Plätze in dem 11-köpfigen Untersuchungsausschuss. Das Gedränge muss groß gewesen sein. Die Fraktion benötigte drei Wahlgänge, um ihre Kandidaten ausfindig zu machen. Der Parlamentarische Geschäftsführer André Hahn (PDS) soll stellvertretender Ausschussvorsitzender, der Rechtsanwalt Klaus Bartl (PDS) PDS-Obmann werden. Die Sprecherin für Steuerpolitik, Bettina Simon (PDS), ergänzt das Trio.
Der Finanzpolitische Sprecher, Ronald Weckesser (PDS), wird aus dem Untersuchungsausschuss herausgehalten, um bei den Haushaltsverhandlungen das Verhältnis zu Finanzminister Georg Milbradt (CDU) nicht zu belasten. Als ein stellvertretendes Ausschussmitglied wird Fraktionschef Peter Porsch (PDS) benannt. Er soll ins Geschehen eingreifen, wenn Ministerpräsident Kurt Biedenkopf als Zeuge vernommen werden sollte, als "Herausforderer", wie es heißt.
Bei der SPD war relativ schnell klar, dass der Unternehmer Karl Nolle (SPD) deren Sitz einnehmen wird. Nolle hatte sich in seiner Fraktion für den Untersuchungsausschuss stark gemacht.
Nur bei der CDU gestaltet sich die Benennung von Ausschussmitgliedern schwierig. Für die sieben Plätz, die von der CDU zu besetzen sind, werden bislang lediglich fünf Namen genannt. Den Ausschussvorsitz soll der Abgeordnete Andreas Hahn (CDU) aus Bischofswerda übernehmen.
Hans Weller, der Sprecher der Fraktion, will in dem schleppenden Verfahren keinen ungewöhnlichen Vorgang sehen. Intern aber gilt der Ausschuss als äußerst unbeliebt, die Fraktionäre drücken sich. Insbesondere CDU-Obmann will niemand werden, denn der muss den Ministerpräsidenten praktisch in vorderster Linie verteidigen. Da ist taktisches Geschick gefordert. Die Gefahr ist groß, es dem Ministerpräsidenten nicht recht machen zu können, zumal bei der Materie des Ausschusses immer wieder mit Überraschungen zu rechnen ist.
Unterdessen wird in der PDS-Fraktion schon der erste Beweisantrag vorbereitet, mit einer Liste von Akten, die angefordert werden sollen. Das sind vor allem Material aus der Staatskanzlei, dem Finanzministerium, der Liegenschaftsverwaltung, Akten der Staatsanwaltschaft.
Dort, so hofft André Hahn von der PDS, werde sich auch der Schriftwechsel des Ministerpräsidenten mit seinem Finanzminister vom Juli 1993 finden, von dem Aufschluss erhofft wird, ob der Ministerpräsident seinerzeit zum Schaden des Freistaates direkten Einfluss auf die Gestaltung der Mietkonditionen genommen hat.
(Ralf Hübner)