Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 21.04.2004

Minister im Schlingerkurs durch Parcours heikler Fragen

Horst Rasch startet Absetzbewegung von belasteten Polizeichef Pilz - Zeitpunkt für Abschluss der Ermittlungen noch unklar
 
Dresden. Sachsens Innenminister Horst Rasch ist bei der Abwehr von Vorwürfen gegen den Landespolizeipräsidenten Eberhard Pilz (59) von der bisherigen Linie abgewichen. Nachdem er die Anschuldigungen bisher als "substanzlos" zurückgewiesen hatte, bat er gestern in der Regierungspressekonferenz „zu respektieren, dass ich zum Landespolizeipräsidenten stehe".

Im Mittelpunkt der Untersuchungen des internen Ermittlers Malte Bardt stehen Vorfälle bei der Einweihungsfeier eines Reisebüros der Polizeiversicherungs-AG am 18, Juni 2003 und einen Tag später auf einem Schießplatz in der Nähe von Riesa. Nach Zeugen-Aussagen habe Pilz erheblich dem Alkohol zugesprochen und anschließend Dienstgespräche geführt. Medienberichte über sechs Zeugen, die Pilz belasten, wollte Rasch weder eindeutig bestätigen noch dementieren. „Ich bestätige nicht, dass ich etwas weiß oder nicht weiß", schlingerte der Innenminister durch die Pressekonferenz. Fragen nach seinem Verhalten bei den Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Landespolizeischule Bautzen wich Rasch aus. Deren Chef Gerd Ley war vorab belastet und kürzlich suspendiert worden.

Unscharf blieb auch die Aussage des Ministers zum Alkoholverbot für Polizeibeamte im Dienst. „Natürlich ist im Dienstbetrieb Alkohol verboten", sagte Rasch, um einzuschränken: „Man muss die Umstände als Ganzes bewerten. Ein stockbetrunkener Beamter kann nicht tolerierbar sein." Rasch räumte ein, dass die Diskussion um Pilz dem Ansehen der Polizei nicht diene. Einen Zeitpunkt für den Abschluss der Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Bardt nannte er nicht. Nach „Freie-Presse"-Informationen sind in diesen Tagen drei Zeugen geladen, die Raschs Verteidigungsstrategie weiter durchkreuzen werden.

Rasch hätte erklären müssen, dass Staatsdiener im Dienst grundsätzlich keinen Alkohol trinken dürfen, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Adler. Überhaupt messe der Innenminister mit zweierlei Maß. Er verlängere die Hängepartie für Pilz, indem er keine Termine für Klärungen setze. So werde man noch einige Zeit warten müssen, um zu erfahren, „wann wieviel Alkohol in einem Pils(z) sein darf.

Die Rasch-Taktik bezeichnete Sachsens FDP-Chef Zastrow als grotesk. „Während jeder Streifenpolizist beim geringsten Verdacht vom Dienst suspendiert wird, kann sich der Polizeichef eine Affäre nach der anderen leisten." Pilz sei auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen der EU-Osterweiterung ein Sicherheitsrisiko für Sachsen.
(von Hubert Kemper)