Karl Nolle, MdL

DNN, 05.01.2001

Respekt - Da hat einer erkannt, dass es besser ist, aufzugeben

Stefan Albertis Meinung zu Karl Nolles 93-Tage-Chronik
 
DRESDEN. Da hat einer erkannt, dass es besser ist, aufzugeben – lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Lange hat Karl Nolle nicht sehen wollen, dass ihn zumindest die Spitzen der Dresdner PDS nicht als Kandidaten akzeptieren. Zu sehr hat er darauf gehofft, sein teilweise gutes Auskommen mit der PDS im Landtag auf deren Stadtverband übertragen zu können – er irrte. Das hat er in der Ruhe der Feiertage eingesehen, und dafür gebührt ihm Respekt. Dass die SPD-Spitze sich gelassen gibt, ruhig bleiben will und den schwarzen Peter der Kandidatensuche PDS und Grünen zuschiebt, gleicht dem Pfeifen im dunklen Keller. Denn wo soll die ersehnte Lichtgestalt noch herkommen? Nolle wird es mit etwas Genugtuung sehen. Tief in ihm drin bleibt trotz des Rückzugs die Überzeugung: Und ich wär´s doch gewesen.

Chronik
Nolles Weg zu seinem Waterloo dauerte nur 93 Tage und zeichnete sich schon früh ab: Dass die SPD-Findungskommission ihn benannt hatte, sickerte Ende September durch, vor dem offiziellen Beschluss des SPD-Stadtausschusses am 4. Oktober – offenbar bewusst, um die Kandidatur zu torpedieren. PDS und Grüne reagierten vergrätzt, bezeichneten Nolle als nicht mehrheitsfähig. Definitiv kam die PDS-Absage nach der gemeinsamen Klausurtagung von Partei und Stadtratsfraktion am 4. November.(Ohne dass es die von der SPD vorgeschlagenen Gespräche gegeben hatte) Nolle ließ sich davon nicht beirren und tourte durch die zwölf Dresdner SPD-Ortsvereine. Dort stellte sich auch ein zweiter Kandidat vor: Reinhard Martin, den der Ortsverein Plauen/Coschütz am 20. November im zweiten Anlauf auf den Schild gehoben hatte. Ganz schwer unter Beschuss kam Nolle auch in seiner eigenen Landtagsfraktion, als er Ministerpräsident Biedenkopf in der Sebnitz-Diskussion wegen seiner Familiengeschichte Nazi-Nähe unterstellte. Er selbst, will missverständlich zitiert worden sein. Noch am 10. Dezember verschickte SPD-Chefin Volkmer ein „Nolle bleibt“-Fax, vorgestern erklärte er im Stadtausschuss seinen Rückzug.
(sta)