Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 16:21Uhr, 15.08.2006

Dresdner Brückenstreit verschärft sich

UNESCO sieht drohenden Eklat - Staatsregierung in der Kritik
 
Dresden/Bonn (ddp-lsc). Der Streit um den Bau der Waldschlößchenbrücke über das UNESCO-geschützte Dresdner Elbtal nimmt an Schärfe zu. Die Deutsche UNESCO-Kommission sprach von einem drohenden Eklat, falls der Bau der Brücke vom Dresdner Regierungspräsidium angeordnet werden sollte. Unterdessen gerät die Staatsregierung verstärkt in die Kritik. Mehrere SPD-Abgeordnete warfen Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) «politische Anstandslosigkeit» vor und verlangten von ihm, in dem festgefahrenen Streit zu vermitteln. Dies wies Buttolo am Dienstag erneut zurück. An einer Mahnwache vor der Dresdner Staatskanzlei, dem Amtssitz von Regierungschef Georg Milbradt (CDU), beteiligten sich rund 50 Menschen. Sie forderten den Erhalt des Welterbe-Status'.

Das Regierungspräsidium hatte dem Stadtrat am Montag ein Ultimatum bis Donnerstag nächster Woche zur Vergabe der Bauaufträge gesetzt. Sollte der Rat die Aufträge erneut nicht vergeben, will die Aufsichtsbehörde dies tun. In diesem Fall droht dem Dresdner Elbtal die Aberkennung des Welterbetitels.

Der Vize-Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission in Bonn, Dietrich Offenhäußer, kritisierte am Dienstag die Ankündigungen des Regierungspräsidiums. Die Argumentation der Behörde, wonach die Stadt rechtlich nicht an Übereinkommen der UNESCO gebunden ist, sei nicht haltbar. Er betonte: «Es geht nicht, dass die Stadt, die sich freiwillig um den Eintrag in die Weltkulturerbeliste beworben hat, jetzt das Völkerrecht ignoriert.»

Der Baubeginn wäre nach Offenhäußers Worten ein Eklat. Er hätte zur Folge, dass die derzeit 13 deutschen Bewerber geringere Chancen hätten, auf die Liste der Weltkulturerbestätten zu gelangen: «Wer so die UNESCO hintergeht, darf nicht darauf hoffen, dass man ihn noch mal ernst nimmt», warnte Offenhäuser. Der geplante Bau wäre eine «Bankrotterklärung an das Welterbeprogramm» seitens der Bundesrepublik.

Zugleich rückte die Staatsregierung erneut ins Zentrum der Kritik. In einem offenen Brief monierten am Dienstag mehrere sächsische SPD-Abgeordnete eine widersprüchliche Haltung der Regierung. Einerseits habe Buttolo im Brückenstreit nicht die Regierung, sondern allein die Stadt Dresden für zuständig erklärt. Andererseits kündige das Regierungspräsidium als eine seinem Ministerium untergeordnete Behörde an, die Vergabe der Bauaufträge notfalls selbst vorzunehmen. Damit übernehme der Freistaat «die alleinige Entscheidung und Verantwortung». Die Regierung vermittle durch ihr Vorgehen «den Eindruck politischer Anstandslosigkeit».

Unterzeichner des Schreibens sind die Bundestagsabgeordnete Marlies Volkmer, die Landtagsmitglieder Karl Nolle und Martin Dulig (alle SPD) sowie der SPD-Fraktionschef im Dresdner Stadtrat, Peter Lames. Sie forderten Buttolo auf, «den Weg für eine Lösung der Vernunft zu öffnen». Buttolo entgegnete, es gehe um die Umsetzung eines Bürgerentscheides. «Wir können nicht einfach das Kommunalrecht ignorieren», betonte er.
Von Jeanette Tandel und Alessandro Peduto

(Quellen: Offenhäußer im ddp-Interview; Buttolo, Grüne Liga auf Anfrage; SPD-Politiker in Mitteilung)

ddp/ape/muc
151621 Aug 06