Karl Nolle, MdL

DNN, 05.04.2001

Grünen-Vorstand will FDP-Mann Roßberg

Parteitag am Sonnabend: Basis entscheidet über Unterstützung bei OB-Wahl
 
DRESDEN. Der Adresse nach gibt es eine rot-grüne Koalition für die Oberbürgermeisterwahl bereits seit Januar, seit die SPD mit ihrer Geschäftsstelle am Wettiner Platz 10 einzog - zwei Etagen unter der Grünen-Zentrale. Am Sonnabend soll beim Parteitag der Grünen daraus eine Wahl-Allianz für Ingolf Roßberg werden, den FDP-Mann, der für die Bürgerinitiative "OB für Dresden" antritt. Der Vorstand hat den rund 160 Mitgliedern des Grünen-Stadtverbands jetzt die "inhaltliche, personelle und materielle Unterstützung" von Roßberg vorgeschlagen. Die Sozialdemokraten legten sich schon am 7. März auf Roßberg fest, der bis 1999 FDP-Stadtrat in Dresden war und im Herbst als Stadtentwicklungsdezernent nach Wuppertal ging.

Die Fraktionssprecherin der Grünen im Stadtrat, Eva Jähnigen, sieht erstmals seit 1990 die Chance zu gemeinsamer Oppositionspolitik. Sie rief gestern erneut die PDS dazu auf, Roßberg ebenfalls zu unterstützen. "Wir bitten sie in dieser Situation darum, dass sie die Chance nutzt", sagte sie. Die PDS saß bis Februar mit SPD, Grünen und Bürgerinitiative im möglichen Bündnis-Boot. Die Vierer-Gespräche hörten jedoch auf, nachdem die PDS entschied, sich nicht wie zuvor verabredet bis Ende Februar, sondern erst am 28. April auf einen OB-Kandidaten festzulegen.

Jähnigen hielt es für unwahrscheinlich, dass Wolfgang Berghofer antritt. Der letzte SED-Oberbürgermeister hat eine Äußerung dazu für "kurz vor dem Osterfest" angekündigt. Falls er kandidiert, wird CDU-Bewerber Herbert Wagner nach Einschätzung von Jähnigen die Wahl gewinnen: Grüne und SPD würden Berghofer auf keinen Fall unterstützen. Eine solche Kandidatur gebe der CDU das große Wahlkampfthema "Altkommunisten kommen zurück".

Roßberg wird sein Programm nach Angaben der Grünen in den nächsten Tagen vorstellen. Jähnigen, Patin eines seiner Kinder, geht davon aus, dass es "sein persönliches Wahlprogramm" ist, keine Ansammlung von Wünschen von Parteien und Bürgerinitiative. "Wir haben als Grüne kein Interesse daran, jemandem vorzumachen, das wäre ein grünes Programm und Roßberg ein Grüner", sagte sie. Für den Fall eines Wahlsiegs gelte: "Wir erwarten nicht von ihm, dass er grüne Politik macht."

In zweieinhalb Wochen auch steht der Kreisverband der FDP vor der Roßberg-Frage. Der Vorstand hat den Mitgliedern empfohlen, ihren Parteifreund gegen CDU-Mann Wagner zu unterstützen - trotz der Stadtratskoalition mit den Christdemokraten. Damit hätte Dresden eine rot-gelb-grüne OB-Ampelkoalition.

Grüne und SPD haben in ihren Zentralen schon heute Abend einen Oberbürgermeister unter sich - und zwar mehrere Etagen: Am Wettiner Platz 10 ist auch das Kabarett Breschke & Schuch zuhause, und Herbert Wagner ist dort ab 20 Uhr Gast beim Talkmaster und selbst ernannten OB-Alternativkandidaten Mario Thiel und seiner Show "Vorsicht!Thiel!".
(Stefan Alberti)