Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.07.2007

Krach um Korruptions- Ausschuss

Verfassungsrechtliche Bedenken verzögern den Start des Gremiums.
 
Dresden. Um den Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre bahnt sich überraschend neuer Ärger an: CDU-Fraktionsvize Frank Kupfer meldete gestern „verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen Auftrag, Umfang und Ausrichtung des Aufklärungsgremiums an.

Damit wackelt die morgige Abstimmung des Landtags über die Einsetzung des Ausschusses. Denn die CDU will nach SZ-Informationen die Angelegenheit zunächst in den Rechtsausschuss des Landtags überweisen. Damit könnte sich der offizielle Start der parlamentarischen Aufklärung um einige Wochen verschieben. Die CDU-Fraktion werde heute erst über ihr weiteres Vorgehen entscheiden, hieß es.

Weitere Sonderermittler

Auch die Wahl der rund 20 Ausschussmitglieder läuft auf einen Eklat zu. Die Linksfraktion will weiterhin ihren Rechtsexperten Klaus Bartl und den Leipziger Volker Külow ins Rennen schicken. Beide könnten jedoch wegen ihrer Stasi-Belastung bei der Wahl scheitern.

Für Empörung sorgte gestern Regierungschef Georg Milbradt (CDU). Er bezeichnete in einem Interview den Untersuchungsausschuss als Klamauk. FDP-Rechtsexperte Jürgen Martens sagte, Milbradt leide unter „absolutistischen Wahrnehmungsstörungen“. Der Regierungschef lebe in einer „Parallelwelt“, mutmaßte Johannes Lichdi (Grüne). Und Bartl sprach von einer provinziellen Sicht.

Sachsens neuer Verfassungsschutzchef Reinhard Boos hat gestern Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) einen Bericht vorgelegt, in dem er vermutlich auf Missstände im Zusammenhang mit der Vernichtung von Akten hinweist. Boos hatte bereits vor Tagen von Rechtsverstößen einzelner Mitarbeiter gesprochen, die jedoch nicht böswillig gehandelt hätten.

Wie das Innenministerium mitteilte, seien der ehemalige Bundesrichter Dietrich Beyer und der Direktor des Landeskriminalamtes Mecklenburg-Vorpommern, Ingmar Weitmeier, berufen worden, um im Verfassungsschutz und in der Polizei Strukturen und Arbeitsweise jener Abteilungen zu untersuchen, die mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität befasst sind. Beide sollen jeweils ein Prüfteam leiten. Dem Vernehmen nach haben sie die Aufgabe, bis September Empfehlungen vorzulegen, wie Organisierte Kriminalität effizienter bekämpft werden kann.
Von Annette Binninger und Thomas Schade