Karl Nolle, MdL

Leserbrief an das Dresdner Blättl, 1/2001, Zeitung der PDS, 12.01.2001

OB-Wahl 2001: Nolle will nicht mehr?

Schade eigentlich, denn er wäre die reale Alternative zum bisherigen OB
 
Leserbrief von Enrico Silvermann:
Sachsen sollte stolz sein auf Unternehmer seinen Schlags
Eigentlich ist sich die Dresdner Mehrheit, will man den unterschiedlichen Meinungsumfragen tatsächlich Glauben schenken, darin einig, daß OB Wagner längst zum alten Eisen gehört. Die »Gruppe der 20«, der er 1989 angehörte, machte zur Wendezeit immerhin sehr fortschrittlich gegen ein- und festgefahrene Wege auch in der Kommunalpolitik mobil und ging für ein demokratisches Deutschland, also auch eine ständig erneuerungsfähige demokratische Verwaltung auf die Straße. Diese Gruppe favorisierte Wagner als OB für Dresden, aber das ist mittlerweile schon 11 Jahre her. Seitdem sitzt er im Amt.
Macht korrumpiert, Macht ist ein süßes, ein schleichendes Gift, ein Rauschgift übelster Art. Allenthalben und allerorten sind in Dresden die Folgen dieser, die klare, unvoreingenommene Entscheidungsfähigkeit bis zur Unkenntnis verkrüppelnden Droge zu spüren. Es scheint, die Voraussetzungen für einen Stabwechsel im Rathaus waren nie besser als heute.
Weit gefehlt - leider. Ein »Traum-OB« für Dresden ist nicht in Sicht, vielmehr gewinnt die Suche nach einem geeigneten Kandidaten traumatische Züge. Wagner bleibt der Favorit der Dresdner CDU, und die Situation im Spektrum links dieser Partei sieht verfahren aus.
Auf drei PDS-Basis-Versammlungen werden im November 2000 drei verschieden Personen favorisiert: Ostrowski, Berghofer, Nolle - die PDS-Basis ist sich uneins! Aus den Redaktionsstuben des Dresdner Blätt'l, wo mitunter heute noch nach alter SED-Manier über das Erscheinen und Nichterscheinen von Beiträgen entschieden wird, ist zu erfahren, daß im Hinblick auf die Bundestagswahl 2002 entscheidend ist, daß die PDS in Dresden mit einem eigenen OB-Kandidaten - Ostrowski - antritt, nicht ob Wagner tatsächlich abgelöst wird!
Die SPD designiert Nolle, aber sofort findet sich in den eigenen Reihen noch ein zweiter Kandidat - warum, bleibt im Nebulösen verborgen. Schließlich gründen ein paar Dresdner Bürger schnell noch eine Initiative, um selbst einen Kandidaten ins Rennen schicken zu können und damit eine linke Wagner-Alternative weiter zu zerhackstückeln.
Die Querelen finden kein Ende, und zu guter letzt wirft Nolle das Handtuch. Darauf scheint Ostrowski nur gewartet zu haben, denn sofort zieht sie ihre Kandidatur zurück. Allerdings mit der Begründung, daß die SPD sie nicht unterstützen werde, wovon vor Nolles Rückzug ohnehin nie die Rede war.
So geht das doch nicht!
Chancen für einen OB-Wechsel gibt es nur, wenn sich alle, die einen solchen auch tatsächlich wollen, einig sind.
Der oder die neue OB Dresdens muß die Stadt über alle Parteien- und sonstige Grenzen hinweg regieren. Die Stadt muß wie ein Unternehmen geführt werden, denn sie ist ein solches, und alle Bürger dieser Stadt sind die Teilhaber! Das funktioniert nur mit einem realen Kandidaten, nicht mit einem Phantom!
Was spricht gegen einen Kandidaten, der bereits seine Fähigkeiten als Unternehmer erfolgreich unter Beweis gestellt hat, der seine Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt und der sich für Kunst und Kultur in Dresden engagiert? Vom »Dicken« ist hier die Rede, von dem vom Bärenstein, mit bürgerlichem Namen Karl Nolle.
Was, bitte schön, werfen ihm die Dresdner Linken vor? Daß seine Wiege nicht im königlich Sächsischen stand? Die Seiner Majestät, pardon, des Ministerpräsidenten Biedenkopf tat es auch nicht. Daß er Unternehmer ist? Sachsen sollte stolz sein auf Unternehmer seinen Schlags. Daß er schneller und lauter die miefigen Dresdner Zustände kritisiert, aber auch viel zur Beseitigung von Mißständen leistet? Wer wird daran gehindert noch schneller, noch besser zu sein?
Nolle ist nicht unumstritten, weder in seiner eigenen Partei noch anderswo. Nolle ist zu wenig bekannt bei den Bürgern? Das läßt sich sehr schnell ändern!
Wohin die Uneinigkeit linker Kräfte führen kann, ist so hinlänglich bekannt, daß man es garnicht mehr aussprechen möchte. Um im Bilde zu bleiben: Gebt dem besseren Reiter, gebt Nolle eine Chance, ohne ihne aufs hohe Roß zu setzen.
Nolle will nicht mehr? Schade eigentlich, denn er wäre die reale Alternative zum bisherigen OB gewesen.
Sieg ohne Kampf - diese Runde geht an Wagner. Wenn es so bleiben soll, dann macht weiter so, liebe Genossinen und Genossen!
(von Enrico Silvermann)