Karl Nolle, MdL

Rede im Plenum des Sächsischen Landtages, 24.01.2008

Zur aktuellen Erweiterung des Untersuchungsgegenstandes im UA Sachsen LB ...

"Gemeinsame Leiche im Keller ..."
 
Wir erinnern uns noch alle an das Statement der Sachsen LB vom Anfang August 2007, als vollmundig dementiert wurde, dass es bei der Sachsen LB nie Probleme geben könnte, wie zuvor bei der Industrie- und Kreditbank (IKB).

Wenige Tage später mussten Bank und Finanzministerium einräumen, dass es auch bei der Sachsen LB ein Liquiditätsrisiko gäbe. In einer ersten Notoperation stellte die Landesbanken- und Sparkassen-Organisation der Republik der Sachsen LB eine Notkreditlinie von € 17,3 Mrd. zur Verfügung um die drohende Illiquidität der Bank abzuwenden. Von einer nachhaltigen und dauerhaften Lösung der Probleme der Sachsen LB war hier die Rede. Und wiedermal von einem schönen Tag für Sachsen.

Nur einige Tage später lag die Sachsen LB erneut auf der Intensivstation – dieses Mal mit einem kurzfristigen Mittelbedarf von € 250 - 350 Mio, es konnten auch 800 Mio sein und angeblich wußte keiner so richtig warum und wofür.

In dieser Situation identifizierten unsere Finanzgenies eine Ungeheuerlichkeit, nämlich eine böse britische Bank (die Barclays) würde die schwierige, unverschuldete Lage der Sachsen LB ausnutzen, um nun 250 Millionen von der Sachsen LB zu fordern. Igitt, wie gemein - Meine spätere Frage ob sich Barclays eigentlich vertragskonform verhalten habe, wurde damals von Herrn Süß bejaht. Es gab also Verträge ...

Und dieser angeblich so plötzliche Kapitalbedarf der Sachsen LB im August 2007 rührte daher, dass die Bank in der Unzeit Wertpapiere veräußerte und diese Wertpapiere eben lediglich zum Zeitwert und nicht zum Nominalwert verkauft werden konnten.

Angeblich erst durch diesen Verkauf stellte sich heraus, dass es für einige Conduits Sondervereinbarungen gab, sogenannte Valuation Agreements, nach dem die Sachsen LB verpflichtet war, z.B. der Barclays Bank die Differenz zwischen Verkaufserlös und Nominalwert der Papiere zu erstatten.

Ja, das Leben könnte ja so schön sein: wir kaufen Aktien und die Banken, die uns die Aktien verkaufen garantieren, dass wir die gezahlten Kaufpreise für die Aktien immer zurück bekommen, egal wie die Aktienkurse stehen. Das wäre ein Valuation Agreement mit einer Bank für Aktien. Nur leider machen das die übrigen Banken nicht, nur unsere schlaue Sachsen LB hat das gemacht. Und zwar auf Risiko des Freistaat Sachsen und der sächsischer Kommunen und damit auf unser aller Risiko.

Laut Aussage von Herrn Wilsing dem Ex Vorstand in Dublin im UA am 21.1. 08, soll in einer Kreditausschusssitzung der Sachsen LB am 16.06.2005, drei Wochen vor Ablauf der alten Gewährträgerhaftung, beschlossen worden sein, den Ormond Quai ohne volumenmäßige Begrenzung nach oben aufzustocken und die Erhöhung des Volumens auch noch der Gewährträgerhaftung zu unterlegen.

Herr Wilsing, behauptete weiter, dass die Mitglieder des Kreditausschusses besonders Staatssekretär Habermann damals eindeutig informiert wurden, dass Bank und Gewährträger beim Ausbau des Ormond Quais nicht mit den üblichen 4% sondern mit dem gesamten Volumens, also damals bereits 5 Mrd und zum Schluss 17,3 Mrd hafteten.

Nach meinen Informationen sind die Behauptungen von Wilsing, der bei dieser Kreditausschusssitzung überhaupt nicht anwesend war, man habe das 5 Mrd teure 100% Risiko kommuniziert, voll und ganz unwahr, man kann auch sagen der smarte Ehrenmann im Nadelstreifen hat uneidliche Falschaussagen produziert. Was tatsächlich wahr ist, können wir erst dann herausbekommen, wenn die Protokolle und Vorstandsvorlagen vorliegen sowie Augenzeugen befragt werden, bis dahin darf zwar Wilsing lügen, die Betroffenen aber sind an die Vertraulichkeit gebunden.

Warum, wieso und wer diese Harakirivereinbarungen zum Ormond unterzeichnet hat und wer es gewußt hat, das bleibt bis heute im Dunkeln und bedarf der dringenden Aufklärung.

Wollte man mit den Millionen aus Dublin, koste es letztlich was es wolle, das eigentliche politische Scheitern der Bankstrategie verdecken? Wollte man unbequeme Nachfrager den Mund stopfen, denn wer Millionen bekommt, fragt seltener nach den Risiken.

Aus heutiger Sicht hat der UA nur an den Symptomen der Bankkatastrophe herumoperiert. Wir haben uns intensiv mit der MDL, mit Günstlingswirtschaft, begnadeten Bankern und brasilianischen Nächten beschäftigt, aber bei dem Virus Sachsen LB Europe plc., in der Black Box in Dublin, der schließlich zum Tod des Patienten führte, waren wir an den Einsetzungsbeschluss des Landtages gebunden.

Nun muß konsequent die politische Aufarbeitung des Exitus der SachsenLB erfolgen.

Vielleicht finden wir dabei auch die Antwort auf die Frage, woher kommen die Widerstände, wer hat ein politisches und wer wirtschaftliches Interesse daran, dass die tatsächlichen Hintergründe nicht aufgeklärt werden? Wer hat die Hand aufgehalten? Wer hat Milliarden veruntreut?

Deshalb, meine Damen und Herren brauchen wir die beantragte Erweiterung des Untersuchungsauftrages.

Zum Schluß möchte ich an eine alte Weisheit erinnern: "Nichts schweißt eine Dorfgemeinschaft so zusammen, wie eine gemeinsame Leiche im Keller."

Meine Damen und Herren, die Leiche muß schnellstens gehoben werden.

Ich danke Ihnen ....