Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 17.11.2005

Mackenroth sucht Frieden mit den Medien

 
Leipzig. "Ohne Pressefreiheit gibt es keinen Rechtsstaat", bekannte Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) und versicherte, dass es ihm keinesfalls um das Ob der Pressefreiheit, sondern nur "um das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und innerer Sicherheit" gehe. Trotz solch warmer Worte blieben die Mienen im Publikum gestern skeptisch. Unter der Kuppel des Verlagshauses der Leipziger Volkszeitung wurde am Abend über Schnüffel-Affären gegen Journalisten gestritten.

Vor allem die zahlreichen Medienvertreter im Saal verfolgten den von LVZ-Chefredakteur Bernd Hilder moderierten Schlagabtausch zwischen Juristen und Journalisten mit Spannung.

Schließlich hatte sich Minister Mackenroth vor wenigen Wochen schützend vor sächsische Ermittler gestellt, die Telefonkontakte eines Dresdner Reporters ausgeforscht hatten. Gestern ruderte der Politiker ein Stück zurück. Die Justiz handle unabhängig und müsse den Fall "selbst verantworten", erklärte Mackenroth. Er als Minister wolle in deren Entscheidungen "nicht hineingrätschen", und man möge die jüngsten Vorfälle insgesamt "nicht überbewerten".

Das sieht Volker Hummel, Vize-Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), anders. Er fürchtet, dass sich unter seinen Kollegen Angst breit macht, und "erst recht bei denen, die als Informanten infrage kommen". Denn derzeit sorgt eine Reihe von Fällen für Unruhe in der Branche. Wegen der Durchsuchung von Redaktionsräumen beim Potsdamer Magazin Cicero und der jüngst bekannt gewordenen Observierung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst in den 90er Jahren müssten sich die Medien "auf die Hinterbeine stellen", forderte Hummel. "Journalisten handeln nicht in eigener Sache, wenn sie die Pressefreiheit wahrnehmen." Es gehe um Informationen, "die für die Öffentlichkeit von größter Bedeutung sind". Es sei die leichteste, aber keine angemessene Methode, dass Beamte Reporter ausspähen, um hinter die Lecks im eigenen Apparat zu kommen.

Christian Bommarius, Redakteur der Berliner Zeitung, fürchtet, dass für eine "effektive Strafverfolgung" die Pressefreiheit geopfert wird. Sie werde zur "Vogelscheuche", und "irgendwann merkt jeder schräge Vogel, dass Vogelscheuchen wehrlos sind". Dabei sei der Dresdner Fall doppelt läppisch: Der Reporter hatte vorab von einer Hausdurchsuchung bei Sachsens Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer erfahren und fotografiert, wie der Betroffene im Pyjama die Ermittler einließ. Dieses Bild sei so läppisch wie die Entscheidung, deshalb Ermittlungen einzuleiten, meinte Bommarius.

Friedrich-Christian Schroeder, Rechtsprofessor in Regensburg, beschwor indes die Gefahren durch Terror und organisierte Kriminalität. "Im Interesse der Strafverfolgung" müsse auch die Presse "Opfer bringen". Schuld an den aktuellen Konflikten trage vor allem der Gesetzgeber, der müsse endlich für "präzise Regelungen" sorgen. Es dürfe nicht sein, dass Journalisten, die aus Behörden vertrauliche Informationen erhalten, wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat belangt werden können. Dies sei nur angemessen, falls Beamte genötigt oder bestochen wurden.

Für den Vorschlag von DJV-Vize Hummel, eine Kommission für Pressefreiheit zu schaffen, konnte sich die Runde nicht erwärmen. Mackenroth, sichtlich bemüht um Frieden mit den Medien, schlug am Ende einen Kompromiss vor. Er sei dafür, den Schutz durch das Zeugnisverweigerungsrecht auszuweiten, wenn der Kreis der davon Betroffenen klarer eingegrenzt werde - beispielsweise könnte die Regelung nur für jene Journalisten gelten, die über einen Presseausweis verfügen.
Armin Görtz

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