Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 07.04.2001

Gastfreundliches Sachsen

Warum Ministerpräsident Kurt Biedenkopf in Dresden nur 1800 Mark Miete zahlt
 
DRESDEN. Kurt Biedenkopf sprach nicht, er ließ sprechen. Schweigend saß Sachsens Ministerpräsident am Freitag auf seinem Plätzchen im Landtag. Allein an der zunehmenden Rötung seines Gesichts konnte man ablesen, wie sehr ihn die unangenehme Debatte um seinen Wohnsitz und das Hauspersonal erregte. Sprechen ließ er Georg Brüggen, den Chef der Staatskanzlei, der erst einmal bekundete, wie froh er ist, für Biedenkopf arbeiten zu dürfen. Dann versprach er Aufklärung zu den Vorwürfen, dass der Ministerpräsident und seine Frau auf Staatskosten zu billiger Miete in ihrer Dienstwohnung lebten und nicht für ihr Hauspersonal zahlten. Biedenkopfs Regierungssprecher Michael Sagurna hatte zuvor die Brisanz der Affäre - wie zuletzt oft - zunächst unterschätzt. Er empfand es als Zumutung, detaillierte Fragen zu beantworten und weigerte sich "hier Wurstscheiben vorzurechnen, die privat oder öffentlich gegessen worden sind". Das hat auch Brüggen nicht getan, dafür aber - für die Opposition zu spät - einige Einzelheiten offenbart. Im Mittelpunkt der Affäre steht eine Liegenschaft an der Schevenstraße 1 im feinsten Dresdner Stadtteil Weißer Hirsch. Dort lebten in den ersten Jahren nach der Wende die Biedenkopfs mit einem Großteil des Kabinetts in einer legendären Wohngemeinschaft. Heute dient der Komplex, den einst die Stasi nutzte, als Gästehaus der Landesregierung. Ministerpräsident und Gattin dürfen dort, so sagte Brüggen, laut Mietvertrag eine Einliegerwohnung und die Gemeinschaftseinrichtungen nutzen. Dafür zahle Biedenkopf neben 8,50 Mark pro Quadratmeter auch noch knapp 600 Mark Betriebskosten. Die Miete sei in der Höhe "voll in Ordnung", meinte Brüggen. Schließlich handle es sich um den Quadratmeterpreis, den das Land für den gesamten Komplex zahle. Kritiker hatten moniert, dass die Miete deutlich unter dem üblichen Mietzins liege. Noch weniger wollten sie verstehen, dass die Biedenkopfs für 1857,03 Mark auch das Hauspersonal für sich arbeiten lassen können. Brüggen erklärte dies für zulässig. Er zitierte den Vertrag mit dem Regierungschef, laut dem der Mieter berechtigt sei, die Gemeinschaftseinrichtungen zu nutzen - samt Koch, Gärtner, Putzfrau und Hausmeister. "Alle Bediensteten des Gästehauses gewährleisten den Service für das Gästehaus, für die Gäste, die dort sind", so Brüggen. "Dazu gehören auch der Ministerpräsident und seine Gattin." Ist das Regentenpaar Gast in Sachsen?

Karl Nolle (SPD) konterte: "Das ist wohl eine Karnevalsveranstaltung!" PDS-Fraktionschef Peter Porsch hatte zuvor eine Nachzahlung in Millionenhöhe gefordert, weil die Unterbringung samt Personal mit einer Hotel-Suite vergleichbar sei. Die Anwürfe wertete Brüggen als infam. Die Opposition ziele bewusst auf die Biedenkopfs. "Sie wollen ihn zwingen, um Schaden von sich und seiner Familie abzuwenden, von Sachsen fortzugehen." Indes ist er sich sicher: "Die Sympathien der Menschen werden bei Kurt Biedenkopf sein, nicht bei Ihnen. "
(Jens Schneider)

Karl Nolle im Webseitentest
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