Karl Nolle, MdL

DNN, 09.05.2001

Im Ärger um Miete schiebt Biedenkopf die Schuld ab

Ministerpräsident lastet "Reihe von Fehlentwicklungen" Georg Milbradt an
 
DRESDEN. Wie immer in den letzten Monaten, wenn er unter Beschuss geriet, bemühte sich Kurt Biedenkopf auch gestern, Gelassenheit zu demonstrieren. Lächelnd und mit "Wir-haben-alles-im-Griff"-Gestus trat der 71-Jährige am Mittag erstmals vor die Presse, um sich eine Stunde lang zur Putzfrauen-Affäre zu erklären.

Die Liste der Vorwürfe ist in den vergangenen sechs Wochen lang geworden: Seit Jahren keine Bezahlung des Personals im Gästehaus des Freistaates in der Schevenstraße, nur 8,15 Mark Kaltmiete für die Villa auf dem Weißen Hirsch, private Inanspruchnahme des Landespersonals im Haus am Chiemsee, private Nutzung der Fahrzeugflotte des Innenministers durch seine Frau, Auftragsvergabe an eine Dienstleistungsfirma des Schwiegersohnes, Einsetzen der Wachleute als Tütenträger, eine Haushaltskasse ohne klare Abrechnung.

Biedenkopf räumte nach den massiven Vorwürfen und einer Prüfung durch die Staatskanzlei "eine Reihe von Fehlentwicklungen in Bezug auf die Gestaltung der Verhältnisse in der Schevenstraße" ein. Diese hätten seine Frau und ihn in eine "unmöglich Lage gebracht". Zugleich trug Biedenkopf einen Brief an Finanzminister Thomas de Maizire (CDU) vor, den er nun gebeten hat, "für die gesamte Dauer der Amtszeit des Ministerpräsidenten die Verhältnisse so zu ordnen, dass es für Vorwürfe keinen Raum mehr gibt". Den Vertrag mit der Dienstleistungsfirma Wisser hat er mittlerweile privat übernommen. Gedanken an einen Auszug aus der Schevenstraße haben die Biedenkopfs indes - aus wirtschaftlichen Gründen - wieder verworfen. Vieles dürfte sich daher nicht ändern.

Auch der Rechnungshof, der derzeit die Verhältnisse im Gästehaus prüft, soll mit der Neuregelung befasst werden. Die Prüfer hatten schon 1994 für Miete und Personal rund 93 Mark pro Quadratmeter Wohnfläche veranschlagt, um die Kosten zu decken. Biedenkopf betonte, dass er von dieser Notiz erst jetzt erfahren habe. Warum er nicht unterrichtet wurde, könne er sich nicht erklären. Den damaligen Chef der Staatskanzlei, Günter Meyer, habe er inzwischen nach Dresden gebeten, um solche Fragen zu besprechen.

Vor allem aber legte Biedenkopf Wert auf die Feststellung, dass er Entscheidungen, die ihn betreffen, immer anderen überlassen habe und dies auch weiter so handhaben werde. Mit anderen Worten: Die Verantwortung für die Fehler liegen in den zuständigen Ministerien. Damit schob er den schwarzen Peter vor allem Ex-Finanzminister Georg Milbradt (CDU) zu, der nach einem Streit über die Nachfolgefrage im Januar aus dem Kabinett geflogen war.

Minutiös breitete der Regierungschef aus, dass ihm die Dienstwohnung in der Schevenstraße 1990 zugewiesen wurde und Milbradt dies gut geheißen habe, da es die billigste Lösung sei. Biedenkopf veröffentlichte sogar einen Brief von 1994, in dem der Finanzminister schrieb, dass alle Fragen geklärt seien. Er sei davon ausgegangen, dass alle Konditionen bis zum Ende der Amtszeit in Ordnung seien - inklusive der Dienstleistungen. Biedenkopf spitz: "Wie sich herausgestellt hat, waren die damaligen Zusicherungen nicht belastbar." Die einstigen Duz-Freunde sind seit der Trennung zerstritten und Biedenkopf versucht, Milbradt als möglichen Nachfolger zu verhindern.

Dass er wegen der Affäre zurücktritt, schloss Biedenkopf zugleich aus. "Weder meine Frau noch ich haben die Absicht, unsere Tätigkeit vorzeitig zu beenden", stellte er klar. Er übernehme die politische Verantwortung, in dem er nötige Nachzahlungen leiste. Wann allerdings der Zeitpunkt für den Rücktritt gekommen sei, verriet der Ministerpräsident auch gestern nicht. Er wolle im Laufe der Legislaturperiode den Wechsel zu einem Nachfolger ermöglichen, diesen im Amt und im Wahlkampf unterstützen und als Abgeordneter bis 2004 in Dresden bleiben.

Dass ihn die Geschichte mächtig ärgert, konnte Biedenkopf dann aber doch nicht verhehlen. So mussten sich einige Journalisten auf ihre Fragen giftige Bemerkungen anhören - Gelassenheit sprach da nicht mehr aus seinen Worten.
(Sven Heitkamp)

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