Karl Nolle, MdL

DNN, 09.05.2001

Selbstgefällig

Kommentar von Philipp von Wilcke
 
DRESDEN. Warum tut er sich das an? So hatte man schon bei Helmut Kohl gefragt, als er nicht loslassen wollte von der Macht. Man fragt es sich jetzt immer lauter auch bei Kurt Biedenkopf, einst Kohls großer Kritiker. Die Fälle sind zwar nicht in Allem vergleichbar, aber sie hängen doch am Ende beide mit altersbedingter Selbstgefälligkeit zusammen. Ob Kanzler der Einheit oder König in Sachsen – die Aura des Historischen fasziniert am meisten die Politgrößen selbst.

So kam es auch gestern, wie es kommen musste: Der sächsische Ministerpräsident ließ bei seiner Stellungnahme zur Mietaffäre keinerlei Schuldbewusstsein oder auch nur peinliche Berührtheit erkennen. Unzureichend informiert sei er gewesen, und selbstverständlich hätten seine Frau und er nicht die Absicht, ihre Tätigkeit im Freistaat vorzeitig zu beenden. Diese fortgesetzte Abgehobenheit nimmt kein gutes Ende.

Allerdings geht es inzwischen gar nicht mehr so sehr darum, die Einzelheiten der Beschuldigungen und die Beschädigungen des verdienstvollen Landesvaters zu analysieren und anzuprangern. Hierfür gibt es vor allem den forschen SPD-Fraktionssprecher Nolle, der sich von Biedenkopf-Abtrünnigen aus der CDU aufmunitionieren lässt. Sein Motto gegenüber denen, die dies mit Unmut sehen: „Wenn man einen Sumpf trocken legen will, darf man nicht die Frösche fragen." Da könnte man leicht mit der Spruchweisheit kontern: „Am Ende liebt man den Verrat, aber nie den Verräter.“

Vielmehr als die Schlammschlacht á la Nolle zählt inzwischen jedoch die Besorgnis, dass aus der massiven Beschädigung von Biedenkopf und seinem möglichen ungeordneten Abtritt dem Freistaat politischer Schaden erwächst. Denn es bedarf gerade im Osten souveräner und allseits akzeptierter Landesväter. So ging es in Sachsen und Thüringen etwas schneller voran. Aber ein neuer starker Ministerpräsident wird kaum aus den zunehmenden politischen Grabenkämpfen erwachsen. Dauerzoff auf Niedrigst-Niveau innerhalb der großen Parteien und zwischen ihnen ist das Letzte, was ein Land gebrauchen kann.

Natürlich darf die Biedenkopfsche Selbstbedienungsmentalität nicht unter den Tisch gekehrt werden. Aber man darf auch nicht vergessen, dass viele Zuwendungen und Vorteile für Wirtschaftsbosse, Künstler oder auch Journalisten selbstverständlich sind, die Politikern schnell den Job kosten. Bei König Kurt wird es zumindest nie mehr so werden, wie es mal war. Deshalb sollte er endlich einen wirklich verbindlichen Rücktrittstermin benennen, damit der Wettstreit um seine Nachfolge offen geführt werden kann.

Karl Nolle im Webseitentest
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