Karl Nolle, MdL

DNN, 10.05.2001

Mietaffäre: Milbradt weist Vorwürfe zurück

Disput mit Biedenkopf bei CDU-Fraktionssitzung / SPD will Untersuchungsausschuss
 
DRESDEN. Der frühere Finanzminister Georg Milbradt hat sich in der Affäre um die Wohnverhältnisse von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf gegen Vorwürfe des Regierungschefs gewehrt. In einer Sitzung der CDU-Landtagsfraktion kam es darüber zu einer Debatte zwischen den beiden Christdemokraten, die auch Abgeordnete im Landtag sind. Milbradt verwies darauf, dass sein Ministerium nur für den Mietvertrag zuständig gewesen sei. Für das Personal im Gästehaus, das die Eheleute Biedenkopf auch privat nutzen, sei die Staatskanzlei zuständig gewesen.

Beide Politiker, die sich dem Vernehmen nach mit "lieber Georg" und "lieber Kurt" ansprachen, beteuerten ihr Interesse an einer sachlichen Kooperation bei der Aufklärung der Vorgänge.

Wie es in Teilnehmerkreisen hieß, habe Milbradt vor der Fraktion aber auch das Vorgehen Biedenkopfs kritisiert. Der Ministerpräsident hatte am Vortag die Schuld für seine in der Kritik stehenden Mietkonditionen im Gästehaus auf der Dresdner Schevenstraße dem früheren Finanzminister und dem früheren Chef der Staatskanzlei, Günter Meyer, zugewiesen. Dazu präsentierte Biedenkopf zwei Milbradt-Briefe, wodurch der Eindruck vermittelt wurde, der Regierungschef habe sich auf die ordnungsgemäße Regelung seiner Wohnverhältnisse verlassen können. Milbradt beklagte gestern, dass das Vorgehen mit ihm nicht besprochen worden sei. Außerdem hätten die Briefe gar nichts mit Biedenkopfs Darstellung zu tun. Ihre Herausgabe sei überflüssig gewesen, entnahmen CDU-Abgeordnete Milbradts Worten. Zudem musste sich Biedenkopf Kritik an seiner Darstellung gefallen lassen, wonach auch Milbradt "mit seiner Familie" die Vorzüge des Gästehauses genossen habe. Davon könne keine Rede sein.

Milbradt sagte den CDU-Abgeordneten weiter, er habe sich dieser Tage mit dem früheren Staatskanzleichef Meyer über die Angelegenheit unterhalten. Dabei sei es auch um ein brisantes Rechnungshofpapier von 1994 gegangen, in dem die Miete für die Gästehaus-Nutzung als viel zu niedrig kritisiert worden waren. Milbradt habe die Sache damals seinem Staatssekretär Karl-Heinz Carl überlassen, weil er selbst in der Schevenstraße wohnte und sich für befangen hielt, hieß es gestern. Unklar blieb, ob auch der Ministerpräsident davon erfuhr. In Fraktionskreisen gab es dazu unterschiedliche Interpretationen der Milbradt-Worte. Der Ex-Minister selbst wollte sich gestern nicht zu seinen Angaben in der wie üblich nicht öffentlichen Sitzung äußern.

Biedenkopf hatte am Dienstag erklärt, er habe dieses Papier nicht gekannt, anderenfalls hätte er schon damals auf eine entsprechende Änderung seiner Mietkonditionen gedrungen (DNN berichtete).

In einem Interview mit MDR 1 Radio Sachsen beklagte Biedenkopf gestern indirekt einen Mangel an Unterstützung durch die SPD in der Debatte um die Mietaffäre. Er hätte erwartet, dass sich die Persönlichkeiten öffentlich von den Anfeindungen gegen seine Person distanzierten, mit denen er seit vielen Jahren zusammenarbeite. Er nannte den früheren SPD-Landesvorsitzenden Karl-Heinz Kunckel und Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee.

Weil alle bisherigen Äußerungen mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet hätten, will die SPD im Landtag einen Untersuchungsausschuss zur Mietaffäre beantragen. Dafür benötigt die 14-köpfige SPD-Fraktion zehn Stimmen von PDS- oder CDU-Angeordneten. Die PDS, auf deren betreiben bereits ein Sonderausschuss Biedenkopfs Umgang mit Investoren in Sachsen untersucht, zeigte sich gestern zurückhaltend. Sie strebt zunächst eine Sondersitzung des Parlaments zum Gästehaus und eine öffentliche Anhörung zum so genannten Bürgerbüro von Ingrid Biedenkopf an.
(I. Pleil/S. Heitkamp)

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