Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 09.05.2001

Biedenkopf schließt Rückzug aus

Regierungschef weist Kritik an seiner Frau zur
 
DRESDEN. Nein, für einen Rücktritt gebe es nicht den geringsten Grund, sagt Kurt Biedenkopf und blickt auf den Tisch vor sich. Seine Frau und er hätten nicht die Absicht ihre Tätigkeit im Freistaat vorzeitig zu beenden. Sachsens Regierungschef fühlt sich in der so genannten Putzfrauenaffäre entweder falsch beraten und informiert, oder er weist Anschuldigungen gegen seine Frau Ingrid weit von sich. Auf der gestrigen Kabinetts-Pressekonferenz sagte er: „Eigentlich weiß ich gar nicht so recht, was überhaupt der Grund für die ganze Diskussion ist."

Die Schevenstraße in Dresden ist so etwas wie die sächsische Downing Street und noch etwas mehr. Hier wohnt der Ministerpräsident, hier befand sich Anfang der 90er Jahre die „Minister-WG". Eine Zeit, an die sich Biedenkopf gern erinnert.

Seine Frau schwang das Zepter, ging für die ganze Mannschaft einkaufen. Sie soll damals eine „schwarze Kasse" geführt haben, wird berichtet. Das sei nur eine Kasse gewesen, „in die Minister einzahlten, wenn sie ein Bier aus dem Kühlschrank nahmen", sagt Biedenkopf abwinkend.

Zu geringe Miete, unentgeltliche Inanspruchnahme von Dienstpersonal auch auf dem Privatgrundstück am Chiemsee, so weitere Vorwürfe an König Kurt und Landesmutter Ingrid. Davon will Biedenkopf nichts gewusst haben. Zwar räumt der Ministerpräsident „eine Reihe von Fehlentwicklungen" ein, macht aber geltend, von seinem ehemaligen Staatskanzleichef Günter Meyer (CDU) und Ex-Finanzminister Georg Milbradt (CDU) einfach nicht informiert worden zu sein.

Von einem Schreiben des Landesrechnungshofes, in dem bereits 1994 die Zustände im Regierungsgästehaus kritisiert wurden, habe er erst durch den Bericht der Staatskanzlei in der vergangenen Woche erfahren. Er könnte nicht erklären, warum dieser Hinweis des Rechnungshofes seinerzeit nicht weiterverfolgt wurde. Hätte er davon gewusst, die Dinge wären geregelt worden.

Einem Schreiben des Finanzministers von 1997 habe er entnommen, dass alle Fragen geklärt seien. „Wie sich inzwischen herausgestellt hat, waren die damaligen Zusicherungen nicht belastbar", sagt Biedenkopf. Meyer hat er zu einem Gespräch nach Dresden gebeten.

Überhaupt Milbradt, der entlassene Finanzminister. Der habe ja selbst mit seiner ganzen Familie in der Schevenstraße gewohnt. In der einzigen abgeschlossenen Wohnung, der Hausmeisterwohnung. Der hätte es doch wissen müssen. Und so einer wolle Ministerpräsident werden, mag Biedenkopf denken.

Die Privatfahrten von Frau Ingrid mit Fahrzeugen der Fahrbereitschaft des Innenministeriums - da hätte die Fahrbereitschaft seine Frau auf die Regeln aufmerksam machen müssen.

Nun will Biedenkopf alles bezahlen, eigene Artsprüche will er nicht geltend machen. Finanzminister Thomas de Maiziére (CDU) soll bis Ende Mai „abschließende und klare Regelungen" für das Gästehaus der Staatsregierung erarbeiten.

Und es soll am Regierungsgästehaus als Dienstsitz des Ministerpräsidenten festgehalten werden. Die Räume seien zur Repräsentation notwendig. Die Abendessen mit potenziellen Investoren seien sehr erfolgreich gewesen. In der Vergangenheit hätten hier zahlreiche Investitionen für Sachsen ihren Ausgangspunkt gehabt.

Das Dienstpersonals auf seinem Privatanwesen, eine Art „Sommersitz", wie Biedenkopf sagt, soll es auch weiterhin geben, wegen dienstlicher Termine. Der private Teil solle pauschal abgegolten werden.

Kritik am Büro seiner Frau lässt Biedenkopf ebenfalls nicht zu. Rund 30 000 Petitionen habe sie mittlerweile in ihrem Bürgerbüro. Da seien Körbe voller Briefe angekommen.

Eine vorzeitige Amtsaufgabe mag Biedenkopf aber denn doch nicht vollständig ausschließen, um den Übergang auf seinen Nachfolger im Amt des Regierungschefs zu begleiten. Dann wolle er als Abgeordneter weiter zur Verfügung stehen und sich am Landtagswahlkampf 2004 beteiligen. Doch wann er sich zurückziehen werde, das lässt Ministerpräsident Kurt Biedenkopf offen. Seine Amtszeit reicht noch bis in den Frühherbst 2004 herein.


„Milbradt hätte es doch wissen müssen. " (Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf gestern auf der Regierungspressekonferenz in Dresden zur Putzfrauenaffäre)
(Ralf Hübner)

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