Karl Nolle, MdL

Die Welt, 14.05.2001

Rückhalt für Biedenkopf bröckelt

Parteiübergreifender Unmut wächst
 
Dresden/Berlin - Nach den jüngsten Vorwürfen gegen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) in der so genannten "Traumschiff"-Affäre wächst parteiübergreifend der Unmut über den sächsischen Regierungschef. Nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sind die Vorwürfe gegen Biedenkopf "dicht an der Grenze dessen, was er sich selbst und dem Land zumuten sollte", sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin.
Auch Partei- und Fraktionsmitglieder der sächsischen CDU beobachten die Affären um das Ministerpräsidenten-Ehepaar mit zunehmender Sorge. Hier mehren sich die Stimmen, die in der Person des Regierungschefs ein Problem für die sächsische CDU und deren Wahlaussichten sehen - wenn bisher auch nur hinter gehaltener Hand.

Unterdessen wird vor allem Kritik am Krisenmanagement von Staatskanzlei und Regierungschef laut. "Verheerend" nannte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz den Eindruck, "Kurt Biedenkopf sei der Meinung, er allein habe keine Fehler gemacht und die Schuld an den gegenwärtigen Verwicklungen träfe ausschließlich andere". "Völlig indiskutabel" seien deshalb Schuldzuweisungen gegen Ex-Staatskanzleichef Günter Meyer und das gesamte sächsische Finanzministerium. "Das ist schlechter politischer Stil. Biedenkopf verschärft damit selber die Diskussion um seine Person." Zudem habe die Staatskanzlei in den vergangenen Wochen eine "miserable Verteidungsstrategie" gefahren, kritisierte Vaatz im Gespräch mit der WELT.

Unmut herrscht in der Partei auch über das offensichtliche Bestreben des Ministerpräsidenten, über seine Nachfolge selbst zu bestimmen. "Ich spreche Kurt Biedenkopf das Recht ab, einen Politiker von der Nachfolge auszuschließen", sagte Vaatz. Gemeint ist der ehemalige Finanzminister Georg Milbradt, den Biedenkopf im Januar entlassen hat "Das war der schwerste politische Fehler seiner Laufbahn. Aber leider scheint der Ministerpräsident seine gesamte Konzentration derzeit darauf zu verwenden, den einzigen Politiker, der ihm ebenbürtig ist, von der Nachfolge auzuschließen", so Vaatz. Biedenkopf selbst hatte am Wochenende die Debatte um seine Nachfolge angeheizt, indem er Namen möglicher Kandidaten nannte. Der Name Milbradt fehlte in der Wunschliste des Regierungschefs.

Trotz neuer Vorwürfe sieht Biedenkopf seine Position weiterhin nicht gefährdet. "An meinem Stuhl sägt niemand", wehrte er gestern Spekulationen um einen vorzeitigen Rücktritt ab.

In der Mietaffäre um das Gästehaus der Landesregierung Sachsens hat die Staatskanzlei der Darstellung widersprochen, wonach sich Frau Biedenkopf für günstigere Mietbedingungen für die Dienstwohnung des Ehepaares eingesetzt haben soll. Wie die Staatskanzlei bestätigte, formulierte die Frau des Regierungschefs zwar unter anderem in Briefen an Behörden "Anregungen zur Gestaltung des Mietzinses" in dem Gebäude. Sie habe sich jedoch für "andere Mieter" eingesetzt.
(Claudia Roth und Sven Heitkamp)

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