Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 16.05.2001

Des Sachsenkönigs ratlose Anhänger

Biedenkopf gilt nach neuen Vorwürfen in den eigenen Reihen als handlungsunfähig
 
DRESDEN. Am Montag blieb Fritz Hähle sprachlos. Noch vor einer Woche verkündete der Partei- und Fraktionsvorsitzende der sächsischen CDU, seine Leute und alle Sachsen stünden voll hinter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Das „hervorragende Wahlergebnis“ für die CDU bei der Kommunalwahl in der Stahlstadt Riese Anfang Mai zeige das „eindeutig". Und nun? Am Sonntag war wieder Kommunalwahl, diesmal in Hähles Heimat Chemnitz. Dort kam der CDU-Kandidat für das Oberbürgermeisteramt auf trostlose neun Prozent.

Den Biedenkopf-Getreuen gehen langsam die Argumente aus. Was als Affäre um Vermischung von Privatem und Dienstlichem, um Billigmieten und Schlampereien in der Dienstvilla begann, hat sich längst zu einer Skandalgeschichte mit beinahe täglich neuen Kapiteln ausgewachsen. Die sächsische CDU ist wie gelähmt angesichts immer neuer Vorwürfe gegen die einstige Lichtgestalt.

Am Montag berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel von einem Urlaubsaufenthalt Kurt und Ingrid Biedenkopfs im Herbst 1999 am Mittelmeer. Die beiden hatten sich nach gewonnener Landtagswahl ein paar schöne Tage auf der Luxusyacht des befreundeten Bauunternehmers Max Schlereth gegönnt, einer Yacht, für die Normalmillionäre laut Spiegel 95.000 Dollar Wochenmiete hinlegen müssen. Zu einem Törn aufs Meer sei es aber nicht gekommen, deswegen hätten die Biedenkopfs auch nichts bezahlt, verkündete Regierungssprecher Michael Sagurna. Ein übler Nachgeschmack bleibt: Biedenkopf habe sich für den Unternehmer in Sachsen eingesetzt, wenn auch ohne Erfolg, wie die Staatsregierung verkündete. Zu 60.000 Mark Spenden an die sächsische CDU hat es aber gelangt. Einen Zusammenhang zwischen Spenden und Biedenkopf-Engagement herzustellen, nannte der Regierungssprecher „lächerlich".

In der sächsischen CDU, von Biedenkopf in den vergangenen Jahren zu großen Wahlsiegen geführt, macht sich Entsetzen breit über „König Kurt", aber auch über das desaströse Krisenmanagement der Landesregierung. „Der Alte hat sich hoffnungslos verrannt" sagt ein Dresdner Christdemokrat. „Biedenkopf ist handlungsunfähig und lässt sich treiben." Es gehe nur nach darum herauszufinden, wo seine endgültige Schmerzgrenze liege. In einem anderen Bundesland wäre Biedenkopf „schon längst weg vom Fenster".

Am morgigen Mittwoch stellt die PDS im Landtag den Abwahlantrag. Die CDU, soviel gilt als sicher, wird dem angeschlagenen Ministerpräsidenten mit ihrer absoluten Mehrheit noch mal stützen. Womit die PDS ihr Ziel erreicht hätte: Sie bindet Biedenkopf der CDU wie einen Klotz ans Bein und hofft, aus seinem und der Union langsamen Niedergang Honig saugen zu können für die Landtagswahl 2004.

Was nach Mittwoch passiert, ist offen. „Langsam wird das hier richtig heiß", sagt ein Abgeordneter. Aus der CDU gebe es keine Vorstöße, Biedenkopf vorzeitig abzulösen. Und die Bundespartei versprach Agenturberichten zufolge dem sächsischen Regierungschef am Montag demonstrativ Rückendeckung. Biedenkopf selbst gibt sich stur: „Das wird jetzt durchgestanden“, sagte er.
(Bernhard Honnigfort)

Karl Nolle im Webseitentest
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