Karl Nolle, MdL

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 12.05.2001

Immer neue Vorwürfe setzen Kurt Biedenkopf zu

In der "Putzfrauenaffäre" steht Sachsens Ministerpräsident unter Dauerbeschuss
 
Dresden/Hannover (p/kw). Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sieht sich in diesen Wochen fast jeden Tag neuen Vorwürfen in der so genannten „Putzfrauenaffäre" ausgesetzt. Am Freitag hatten die in dieser Sache vom SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle angeführte Biedenkopf-Gegner neue Hinweise, der Ministerpräsident habe in den neunziger Jahren selbst Einfluss auf seine günstigen Mietkonditionen genommen. Regierungssprecher Michael Sagurna wies das zurück. Nächste Woche entscheidet der Landtag über einen Antrag der PDS, Biedenkopf aus dem Amt zu entlassen.

Die „Putzfrauenaffäre" hat sich inzwischen zum Hauptthema der sächsischen Landespolitik entwickelt. Biedenkopf und seine Frau Ingrid wohnen seit 1990 im früheren Gästehaus der Staatssicherheit in Dresden. Sie zahlen dort eine Miete von 8,15 Mark pro Quadratmeter - aus Sicht mancher in Dresden für ein solches Objekt in dieser Lage viel zu wenig. Außerdem arbeiten für die Biedenkopfs Putzfrauen und ein Koch, diese sind auch im Privathaus des Ministerpräsidenten am Chiemsee eingesetzt worden. Nolle und die Opposition von PDS und SPD meinen nun, Biedenkopf habe dafür kein angemessenes Entgelt geleistet.

Als der Fall ruchbar wurde, ordnete die Staatskanzlei unter ihrem neuen Chef Gerd Brüggen eine interne Untersuchung an und kam zu dem Schluss, dass im allgemeinen alles in Ordnung sei, Biedenkopf wohl nur eine Nachzahlung für die Dienstboten an das Finanzamt leisten müsse. Doch CDU-Fraktionschef Fritz Hähle verstieg sich zu der Bemerkung, bei weiteren belastenden Dokumenten werde es „eng für Biedenkopf". Prompt tauchten neue Unterlagen auf, und der Ministerpräsident betonte, von Details des Mietvertrages nichts gewusst zu haben. Seither häufen sich Ungereimtheiten, Biedenkopf wird zu immer neuen Erklärungen genötigt.

Das Ganze spielt vor dem Hintergrund einer CDU-internen Führungskrise. Der von Biedenkopf entlassene Finanzminister Georg Milbradt möchte im Herbst CDU-Landeschef werden, er wäre dann Top-Kandidat für die Nachfolge als Ministerpräsident. Doch Biedenkopf will das verhindern. Spekuliert wird, ob der Regierungschef in ein paar Tagen oder Wochen seinen Rücktritt erklärt und der Landfraktion einen seiner Minister als künftigen Ministerpräsidenten vorschlägt. Kürzlich sagte er noch, weder er noch seine Frau Ingrid hätten „den geringsten Grund, die Tätigkeit für den Freistaat Sachsen zu beenden".

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz warf im Gespräch mit dieser Zeitung der Staatskanzlei und dem CDU-Vorsitzenden Hähle „schlechtes Krisenmanagement" in dieser Sache vor. Hähle habe ungewollt „zur Treibjagd auf Biedenkopf geblasen". Biedenkopf selbst, dessen großes Aufbauwerk in gar keinem Verhältnis zu den kuriosen Vorwürfen in Sachen Mietzahlung stehe, verhalte sich in Bezug auf Milbradt falsch: „Er hat nicht das Recht, einen Bewerber für seine Nachfolge auszuschließen", betont Vaatz.
(p/kw)

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