Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 26.05.2001

Rechnungshof verlangt hohe Nachzahlungen von Biedenkopf

Prüfer kritisieren niedrige Miete und privaten Personaleinsatz / Forderung von mehr als einer halben Million Mark möglich
 
Das Dienstpersonal war fast nur für Privatzwecke da und die Miete viel zu gering, lautet das Fazit eines Rechnungshofberichts, der sich mit der Dienstvilla des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) befasst. Das 36-seitige Papier wurde am Freitag in Leipzig vorgestellt.

LEIPZIG, 25. Mai. "So kann es nicht weitergehen", sagte Rechnungshofpräsident Hans-Günther Koehn zu den Zuständen in Biedenkopfs Dienstvilla im Dresdner Nobelstadtteil Loschwitz. Nach Auffassung der Rechnungsprüfer war die vom Ministerpräsidenten gezahlte Kaltmiete von 8,15 Mark pro Quadratmeter zu gering, 13 Mark wären demnach angemessen. Auch sei nicht akzeptabel, dass Biedenkopf für ein etwa 30 Quadratmeter großes Arbeitszimmer gar keine Miete gezahlt habe. Insgesamt, so Koehn, hätte Biedenkopf zwischen Mitte Juli 1997 und Ende vergangenen Jahres 32 000 Mark mehr Miete zahlen müssen, als er es getan hat. Damit kamen die Prüfer zu einem ganz anderen Resultat als eine Arbeitsgruppe der Regierung, die Anfang Mai behauptet hatte, Biedenkopf habe zu viel Miete gezahlt und eigentlich stünde ihm eine Rückzahlung zu.

Schwere Vorwürfe machen die Rechnungsprüfer Biedenkopf auch wegen der privaten Nutzung von Dienstpersonal. So fanden sie heraus, dass in den vergangenen fünf Jahren "von der Staatskanzlei entlohnte Arbeiter" an 228 Tagen in Biedenkopfs Privathaus am Chiemsee beschäftigt waren. Dabei habe sich nur "für insgesamt elf Aufenthaltstage ein dienstlich veranlasster Aufenthalt feststellen lassen". 1999 seien sogar zwei Arbeiterinnen "zur Dienstleistung" auf die Urlaubsinsel Rügen abgeordnet worden. Dies bestreitet die Staatskanzlei jedoch.

Die Rechnungsprüfer stellten weiter fest, dass das Dienstpersonal auch in Biedenkopfs Wohnung im Gästehaus in der Schevenstraße überwiegend für Privatzwecke genutzt werde. Dies geschehe ohne rechtliche Grundlage. Deshalb sei zu überprüfen, ob die Landesregierung ein solches Gästehaus überhaupt weiterführen solle. Im Jahr 1999 habe es nur sechs Essen oder Empfänge gegeben, die einen dienstlichen Charakter gehabt hätten. In zwei Fällen wurde Personal zur Mithilfe bei Benefizkonzerten abgeordnet. Dienstliche Zwecke hätten eine "verhältnismäßig geringe Bedeutung" gehabt, sagte Koehn.

Die Kosten für die fünfeinhalb Stellen im Gästehaus betrugen im vergangenen Jahr 312 000 Mark. Nach Einschätzung der Rechnungsprüfer müsste Biedenkopf für die private Nutzung der Putzfrauen oder des Kochs 80 000 bis 100 000 Mark pro Jahr an den Freistaat zahlen. Noch zu klären sei, ob dies seit 1994 oder 1997 gelte, sagte Koehn. Biedenkopf hatte zuletzt mehrfach erklärt, er werde in allen Zweifelsfällen zahlen. Nun könnte ihm eine Nachforderung von weit mehr als einer halben Million Mark ins Haus stehen.

Der Rechnungshof rief die Landesregierung auf, Forderungen an Biedenkopf zu prüfen und klare Regelungen für die Personalnutzung zu treffen. Die Argumentation der Staatskanzlei, dienstliche und private Veranstaltungen seien kaum auseinander zu halten und die Personalkosten darum schwer zu trennen, lehnte der Rechnungshof ab. Koehn sagte auch, die Staatskanzlei habe nicht immer Akten zur Verfügung gestellt und teilweise deren Existenz verneint. "Aber nach intensivem Nachfragen waren die dann doch da", so Koehn.

Die Staatskanzlei kritisierte den Rechnungshof als mitschuldig an den Missständen. Die Behörde habe 1994 schon einmal die Zustände im Gästehaus gerügt, sei der Angelegenheit damals aber nicht weiter nachgegangen.

Siehe auch den Kommentar "Ende der Legende"

(Von Bernhard Honnigfort)

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