Karl Nolle, MdL

WDR 5 - Morgenecho - 07:05 Uhr, 28.05.2001

Interview zu Biedenkopf, Rechnungshof und Neuwahlen ...affäre

Cordula Denninghoff: Nun will der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf doch zurückzahlen...
 
Interview mit Karl Nolle (wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Sachsen), Moderation Cordula Denninghoff

Cordula Denninghoff: 8.15 Mark pro Quadratmeter inklusive Dienstpersonal: das war dann offenbar doch zu wenig. Der sächsische Rechnungshof stellte jedenfalls fest, dass Ministerpräsident Biedenkopf, CDU, nachzahlen muß: Miete für seine Wohnung im Gästehaus der Landesregierung und für die private Beschäftigung von Landespersonal. Einer der heftigsten Kritiker Biedenkopfs ist der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Karl Nolle.

Cordula Denninghoff: Guten Morgen Herr Nolle.

Karl Nolle: Guten Morgen Frau Denninghoff.

Cordula Denninghoff: Biedenkopf will nachzahlen, sind Sie zufrieden?

Karl Nolle: Nun, es bleibt abzuwarten, wieviel er nachzahlen will. Er hat zunächst davon gesprochen, als er die genauen Beträge noch nicht kannte, 70 000 DM zu zahlen. Inzwischen ist, seit Freitag, nach der Aussage des Rechnungshofes bekannt, dass es ein Betrag sein müsste, der nach Auffassung des Rechnungshofes zwischen 500 000 und 1 Million Mark liegen müßte.

Cordula Denninghoff: Und wenn er diese Summe zahlen würde, wäre dann die Affäre beendet?

Karl Nolle: Nein, noch lange nicht, denn er ist ja nicht nur politisch, sondern er ist auch persönlich für den Umfang dieser gesamten Affäre verantwortlich. Die Art und Weise, wie er bisher damit umgegangen ist, vor allen Dingen sein Krisenmanagement, ist so katastrophal, dass es zeigt, dass er eigentlich nicht mehr regierungsfähig ist.

Cordula Denninghoff: Wie kommen sie eigentlich auf diese Summe von 1 Million?

Karl Nolle: Nun, das ist relativ einfach zu sagen, der Rechnungshof hat gesagt, er hat zwischen 80 und 100 000 Mark im Jahr Personal benutzt, persönlich, privat, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt; übrigens eine unvergleichliche Situation, das hat es in keinem Bundesland bisher gegeben, dass ein Ministerpräsident sozusagen zur Kasse gebeten wird für persönliche Inanspruchnahme von Personal und sonstigen Dingen, die auf Landeskosten bezahlt werden und in solch einer Höhe von bis zu 1 Million Mark. Dieses wird sicherlich letztendlich nicht das sein, was er zahlen wird, aber der Schaden, der angerichtet worden ist und der Nutzen, den er persönlich davon hatte, bewegt sich in der Größenordnung, dabei ist noch nicht gerechnet, die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Dienstwagen und Fahrern durch die Ehefrau usw., usw.

Cordula Denninghoff: Den Schaden gibt er ja mit seiner Nachzahlung zu, den er dem Land zugefügt hat, aber Biedenkopf sagt auch, er habe gar nicht gewusst, dass er hätte mehr zahlen müssen. Also ist denn tatsächlich nicht regierungsfähig, wie Sie sagen?

Karl Nolle: Nun, es ist absolut abwägig. Herr Biedenkopf ist ein Wirtschaftsanwalt, und ihm kann die Unrechtmäßigkeit seiner Hofhaltung nicht verborgen beblieben sein. Ich denke, dass er auch nicht sagen kann, er hat davon nichts gewusst. Er ist der Chef dieses Unternehmens "Staatsregierung" und er ist der oberste Chef der Staatskanzlei. Er ist die Spitze in unserem Land und entweder ist er unfähig., weil er nichts mitbekommt, oder er schützt jetzt hier einfach mal Halbheiten vor, damit er irgendwie besser rauskommt aus der Affäre.

Cordula Denninghoff: Welche politischen Konsequenzen fordern Sie?

Karl Nolle: Die Konsequenzen können eigentlich nur zweierlei sein; erstens denke ich, dass Ministerpräsident Biedenkopf seine Feigheit aufgeben und sich einer geheimen Abstimmung im Parlament stellen sollte, denn wenn er dieses tun würde, würde er die Mehrheit verlieren. Er hat keine Mehrheit in diesem Parlament bei einer geheimen Abstimmung oder Vertrauensfrage, und die zweite Sache ist die, dass natürlich Neuwahlen der demokratisch bessere, der sauberere Weg sind.

Cordula Denninghoff: Wenn es zu Neuwahlen käme, könnten Sie sich da eine Koalition vorstellen, also die SPD mit einer anderen Partei?

Karl Nolle: Ja, natürlich können wir uns Koalitionen vorstellen, so wie es in anderen Ländern auch der Fall ist. Wir können uns Koalitionen mit allen demokratischen Parteien vorstellen.

Cordula Denninghoff: Auch mit der PDS?

Karl Nolle: Natürlich auch mit der PDS. Die PDS hat sich inzwischen sehr gewandelt und macht ja auch in einigen Ländern ganz vernünftige Politik.

Cordula Denninghoff: Ich danke Ihnen. Wir sprachen mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Karl Nolle.

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