Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 26.05.2001

Biedenkopfs Kanzlei wollte Prüfer in die Irre führen

Ohne Gnade gerügt
 
LEIPZIG - Ohne Gnade hat der Sächsische Rechnungshof die exquisiten Wohnbedingungen von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) auf Kosten des Freistaats gerügt. Die Prüfer stellten sogar den Fortbestand des Regierungsgästehauses selbst in Frage.

Acht Wochen lang wurde nicht nur im Freistaat über Koch, Gärtner, Putzfrau und Co. in der Dresdner Schevenstraße diskutiert, die Biedenkopf auch privat zu Diensten waren. Eine Schnäppchen-Miete erregte Aufsehen. Und man konnte sich über einen Bericht von Staatskanzleichef Georg Brüggen (CDU) wundern, wonach alles in Ordnung sei.

Gestern legte Rechnungshof-Präsident Hans-Günther Koehn seinen Prüfbericht zum Gästehaus vor. Das Ergebnis: In zentralen Punkten ist nichts in Ordnung. Im Gegenteil:

• Biedenkopf soll 80 000 bis 100 000 Mark pro Jahr für das von ihm privat genutzte Dienstpersonal nachträglich bezahlen.

• Von 1995 bis 1999 ließ er sich 228 Tage lang an seinem „Sommersitz" am Chiemsee von bis zu vier Gästehaus-Helfern bedienen. Aber nur für elf Tage war ein dienstlicher Anlass feststellbar. Auch hier wird Nachzahlung gefordert.

• Die Miete von 8,15 Mark kalt pro Quadratmeter in der Dresdner Schevenstraße ist viel zu niedrig angesetzt. 13 Mark wären das Minimum! Und es gibt keinen Grund, das Arbeitszimmer (30 qm) nicht mit zu berechnen. Die Differenz seit 1997 wäre 32 000 Mark.

• Schließlich verlangte Koehn „eine intensive Prüfung, ob das Gästehaus überhaupt gebraucht wird".

Zum Thema Nachzahlungen sagte er, hier seien auch Billigkeitserwägungen einzuräumen. Womöglich seien also nicht die vollen Beträge nachzufordern. Aber auf eine Summe wollte er sich nicht festlegen.

Deutlich waren auch Koehns Schuldzuweisungen. Die Versäumnisse bei der Personalgestaltung lägen bei der Staatskanzlei! Für den überbilligten Mietvertrag von 1997 sei das Finanzministerium zuständig gewesen, also der damalige Minister Georg Milbradt (CDU)! Und für alles „in gewisser Weise" der Ministerpräsident als oberster Dienstherr!

Übrigens wechselte die Staatskanzlei ihre Haltung im Verlauf der Prüfung. Zu Beginn im Mai 2000 habe sie offen mitgearbeitet. Danach wurde sie giftig: Die Existenz von Unterlagen wurde abgestritten, die nachher doch auftauchten. Die Prüfer seien lediglich in die Irre geschickt worden, beklagte Koehn. Bis Januar war der heutige Finanzminister Thomas de Maiziére Chef der Staatskanzlei. Erst im April wurde sie wieder kooperativer - nach dem Morgenpost-Bericht „Sachsen zahlt Biedenkopfs Putzfrau".
(Stefan Rössel)

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