Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 29.05.2001

Steuerzahlerbund: 500 000 Mark sind angemessen

Verband verteidigt Prüfergebnisse des Rechnungshofes
 
DRESDEN. Über die Folgen des Rechnungshofberichts sprach die SZ mit dem Präsidenten des Steuerzahlerbundes in Sachsen, Thomas Meyer.

SZ: Der Rechnungshofbericht hat einen Streit über die Höhe der Nachzahlungen ausgelöst, die Kurt Biedenkopf leisten soll. Welchen Betrag halten Sie für angemessen?

Thomas Meyer: 500 000 Mark. Das wäre ein Kompromiss. Zum einen wären die tatsächlich angefallenen Kosten berücksichtigt, die der Rechnungshof für die private Nutzung des Dienstpersonals rückwirkend bis 1994 errechnet hat, zum anderen ist dem Grundsatz der Billigkeit ausreichend Rechnung getragen.

SZ: Warum bis 1994?

Thomas Meyer: Damals hatte der Rechnungshof schon einmal den Hinweis gegeben, dass für die Leistungen des Personals gezahlt werden muss. Passiert ist seitdem nichts.

SZ: Nach Aussage des Ministerpräsidenten kannte er diesen Vermerk bis vor kurzem gar nicht.

Thomas Meyer: Er saß aber bei den Verhandlungen über seinen Mietvertrag mit am Tisch. Spätestens dann, also 1997, hätte er bemerken müssen, dass die von ihm beanspruchten Leistungen und die Höhe des Mietpreises in keinem angemessenen Verhältnis standen. Mir drängt sich die Frage auf, ob er - der ausgewiesene Wirtschaftsrechtsprofessor - das gar nicht bemerken wollte.

SZ: Ist die Sache mit einer Rückzahlung aus der Welt?

Thomas Meyer: Nein. Wenn die Biedenkopfs die Dienste der Landesbeschäftigten weiter nutzen möchten, muss schnellstens eine Vereinbarung über die Bezahlung her. Außerdem müssen das Arbeitszimmer und ein höherer Mietpreis im Mietvertrag verankert werden. Im Übrigen steht der Verdacht der Vorteilsnahme im Amt im Raum. Der Chiemsee ist keine Außenstelle der Staatskanzlei, und der Ministerpräsident hätte wissen müssen, dass für die Abordnung von Personal ein sauberer Nachweis notwendig ist.

SZ: Werden Sie Strafanzeige stellen?

Thomas Meyer: Ich gehe davon aus; dass die Staatsanwaltschaft nach Vorlage des Rechnungshofberichts von sich aus aktiv wird. Die Öffentlichkeit hat ein großes Interesse an der Klärung der Vorwürfe.

SZ: Was passiert, wenn Biedenkopfs Nachzahlung unter der Forderung des Rechnungshofes bleibt?

Thomas Meyer: Wir sind eine politisch neutrale Organisation, deshalb will ich mich nicht in den Parteienstreit einmischen. Aber ich bin mir sicher, dass das Feuer nur weiter geschürt wird, wenn die Nachzahlung zu gering ausfällt.

SZ: Kurt Biedenkopf hat den Rechnungshof scharf angegriffen. Sind die Prüfer zu weit gegangen?

Thomas Meyer: In meinen Augen spricht die Reaktion eher für ein gewisses Unrechtsbewusstsein; man hatte offenbar mit einem anderen Ergebnis gerechnet. Unsere Bewertung der Prüfergebnisse deckt sich mit der des Rechnungshofpräsidenten. Wir
stehen dahinter - und wenn's sein muss stellen wir uns auch vor den Rechnungshof.

SZ: Immer wieder wird auf Kurt Biedenkopfs Verdienste für Sachsen hingewiesen, gegen die die gegenwärtige Diskussion eher kleinlich erscheint.

Thomas Meyer: In der Tat sind viele Investoren wegen Kurt Biedenkopf nach Sachsen gekommen - aber nicht nur wegen ihm. Für seine Arbeit wird der Ministerpräsident ordentlich bezahlt. Es ist aber in keiner Weise gerechtfertigt, diese Verdienste mit den Leistungen gegenzurechnen, die er unberechtigt beansprucht hat. So lange es keine Lex Biedenkopf gibt, hat der Ministerpräsident genauso auf dem Boden des Gesetzes zu stehen wie jeder andere Bürger auch.
(Steffen Klameth)

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