Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 11.08.2001

Aufbruch kontra Routine

Milbradt macht sich Sorgen um die Union im Freistaat / Flath denkt bereits über Politik für ganz Sachsen nach
 
Für den einen war die Pressekonferenz ein nüchterner Arbeitstermin, für den anderen eine Polit-Werbe-Show in eigener Sache. Schon wie sich die beiden Bewerber um das Amt des CDU-Landesvorsitzenden am Freitag jeweils den Fotojournalisten präsentierten, zeigte die Unterschiede: Steffen Flath hockte fast missmutig und mutterseelenallein auf dem Podium; Georg Milbradt stand lächelnd hinter seinem Stuhl, an seiner Seite der Landtagsabgeordnete Hermann Winkler, Milbradts Wunsch-Generalsekretär.
Beide Kandidaten hielten eine eigene Pressekonferenz ab, mit 90 Minuten Abstand, laut Milbradt ein Wunsch Flaths. Jeder nutzte seine Zeit zur Selbstdarstellung - auf die eigene Art. Während Flath zu Beginn in aller Ruhe seinen Lebenslauf durchging, verwies Milbradt routiniert auf seine Pressemappe.
Auch die Zukunftspläne der CDU-Chefs in spe konnten unterschiedlicher nicht sein. Flath verkündete eine Art Regierungsprogramm, zusammengestrichen auf wenige Sätze: Es gelte, den Sachsen zwei Hauptsorgen zu nehmen - die Angst vor der Überalterung im Freistaat sowie die Furcht vor Arbeitslosigkeit. Flaths Schlussfolgerung: "Wir müssen Sachsen familien- und unternehmerfreundlich gestalten."
Milbradt hingegen kümmerte sich in seinen Ausführungen kaum um die sächsische Landespolitik, betonte nur, er unterstütze weiterhin die Arbeit von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Vielmehr legte Milbradt eine kritische Analyse zu Lage und Aufgaben der CDU in Sachsen vor. Der Titel des siebenseitigen Papiers: "Aufbruch statt Routine". Milbradts Fazit: "Die Nachwendezeit ist vorbei - die sächsische Union muss sich neuen Herausforderungen stellen."
Gemeinsamkeiten gab es schließlich, als die Kandidaten jeweils Fragen beantworteten. Es ginge einzig und allein um das Amt des CDU-Landesvorsitzenden - nicht mehr, beteuerten beide treuherzig, auf das Amt des Ministerpräsidenten angesprochen. Flath lehnte sich immerhin ein wenig weiter aus dem Fenster: "Ich stehe der Partei und dem Land zur Verfügung." Er wolle eine "aktive Rolle" bei der Suche nach einem Biedenkopf-Nachfolger einnehmen. Milbradt sagte nur, die Nachfolge "wird sich zu gegebener Zeit entscheiden."
Das sich zwei Kandidaten um eine Spitzenposition bewerben, ist für Flath "Normalität" - auch wenn es ein Novum für die Sachsen-CDU ist. Auch Milbradt betonte, es sei normal, dass sich die Partei unbeeinflusst einen Vorsitzenden auswählen könne. Beide warnten vor einer Spaltung der Partei: Es müsse fair gekämpft werden, der Verlierer müsse sich mit seiner Niederlage abfinden. Keiner verlor ein einziges schlechtes Wort über den Kontrahenten. Milbradt winkte sogar schon mit einem Ölzweig. Er könne sich einen stellvertretenden CDU-Chef Steffen Flath vorstellen: "Ich würde mich über eine solche Konstellation sehr freuen."
(Von Andreas Novak)

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