Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 31.12.2001

Biedenkopf spekuliert über Rücktritt

Sachsens Ministerpräsident will sich "in den nächsten Wochen" entscheiden
 
Dresden/Berlin - Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat Spekulationen über einen möglicherweise bald bevorstehenden Rücktritt angeheizt. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagte der 71-Jährige, der seit Monaten massiver Kritik ausgesetzt ist: "Die Dinge nähern sich einem Punkt, an dem man sich fragt, ob das alles noch Sinn macht." Er "klebe nicht am Ministerpräsidenten-Sessel", und man solle eine Aufgabe nicht länger machen, als man es selbst für nötig halte. In den nächsten Wochen, so Biedenkopf weiter, werde er mit Freunden beraten, "wie man erreichen kann, dass sich unser Sachsen weiter so gut entwickelt". Der Regierungschef erklärte außerdem, er habe "eigentlich schon 1999 aufhören" wollen.

Biedenkopf war gemeinsam mit seiner Frau Ingrid unlängst in die Schlagzeilen geraten, weil das Ehepaar bei einem Einkauf im Möbelhaus Ikea - erfolgreich - auf Rabatt auf dort getätigte Einkäufe gedrungen haben soll. Außerdem wirft ihm die Opposition im Landtag vor, bei der Vermietung des Paunsdorf-Behördenzentrums in Leipzig zu Gunsten eines befreundeten Unternehmers Einfluss auf die Mietkonditionen beim Einzug von Landesbehörden genommen zu haben.

Der Regierungschef räumte in dem Interview ein, in der so genannten Ikea-Rabatt-Affäre Fehler gemacht zu haben. Er hätte sich wohl mehr um die Einzelheiten kümmern müssen. "Aber es ist eine unglaubliche Boshaftigkeit, wie jetzt eine Meute über meine Frau herfällt. Das ist Rufmord", sagte der Ministerpräsident. Auch seine Frau Ingrid erklärte, sie habe ein reines Gewissen und werde selbstverständlich auch weiterhin nach Rabatten fragen. Nach Angaben des Ministerpräsidenten war der 15-prozentige Rabatt mit der Geschäftsführung des Möbelhauses abgesprochen, was von Seiten Ikeas bestritten wird. Seine Frau habe den stellvertretenden Geschäftsführer, so sagte Kurt Biedenkopf, bei einem Zusammentreffen gefragt, "ob das Haus auch Rabatt gewährt", und dieser habe das bejaht.

Inzwischen hat die Frau des Ministerpräsidenten aus dem Rabatt dem Verein "Babyklappe" in Dresden ein Daunenbett gespendet. Nach dem Vorfall waren selbst aus der CDU Rücktrittsforderungen laut geworden.

Zum Komplex Paunsdorf sagte Kurt Biedenkopf, bereits 1997 habe der Landesrechnungshof bestätigt, "dass dem Land kein Schaden entstanden ist". Am 10. Januar wird der Regierungschef erneut vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags antreten, der die Umstände des Baus des Leipziger Behördenzentrums prüft. Beobachter rechnen damit, dass Biedenkopf möglicherweise Mitte Januar seinen Rückzug aus der Politik bekannt geben wird. DW

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