Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa-sn, 11:45 Uhr, 31.12.2001

Angekündigter Biedenkopf-Rücktritt bestimmt politische Debatte

 
Dresden (dpa/sn) - Der angekündigte Rücktritt von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat die politische Diskussion in Sachsen auch am letzten Tag des Jahres bestimmt. Der 71-jährige Politiker wollte am Silvesterabend seine letzte Neujahrsansprache als Regierungschef halten. Über den Zeitpunkt des Rücktritts wird indes weiter spekuliert. Nach Lage der Dinge wird Biedenkopf nicht vor Februar sein Amt aufgeben. In der vorab verbreiteten Neujahrsansprache kündigte er an, im Februar noch die auf dem Balkan stationierten sächsischen Soldaten zu besuchen.

Die CDU rief unterdessen zu Zurückhaltung bei Mutmaßungen um einen raschen Rücktritt Biedenkopfs auf. «Hektik ist jetzt fehl am Platz. Es geht darum, gemeinsam mit Biedenkopf und der Partei in Ruhe einen Nachfolger aufzubauen, damit die CDU bei den nächsten Wahlen Chancen auf den Gewinn hat», sagte CDU-Generalsekretär Hermann Winkler der dpa am Montag. Die Entscheidung über den Zeitpunkt des Rücktritts liege bei Biedenkopf.

In diesem Sinne äußerte sich auch CDU-Landeschef Georg Milbradt, der als Nachfolger Biedenkopfs gehandelt wird. Auf Anfrage bekräftigte Milbradt, dass er für das Amt zur Verfügung stehe, «wenn die Partei es will». Mit dem jüngsten Interview Biedenkopfs sei keine neue Lage für die CDU entstanden. Damit habe Biedenkopf lediglich bestätigt, was er zuvor des öfteren schon angedeutet habe, sagte Milbradt der dpa. Zu Spekulationen werde er sich nicht äußern.

In einem Interview hatte Biedenkopf am Wochenende Gerüchten um einen raschen Rücktritt selbst genährt. «Die Dinge nähern sich einem Punkt, an dem man sich fragt, ob das alles noch Sinn macht», sagte er der Zeitung «Welt am Sonntag». Zugleich betonte er, dass er nicht am Chef-Sessel klebe. Biedenkopf geriet nach mehreren Affären in diesem Jahr zuletzt wegen eines sonst unüblichen Rabattes beim schwedischen Möbelhaus Ikea in die Schlagzeilen. Daraufhin wurde er auch aus den eigenen Reihen zum Rücktritt aufgefordert.

Der Fraktionschef der PDS im Landtag, Peter Porsch, zeigte sich wenig überrascht von Biedenkopfs Ankündigung. «Er soll so schnell wie möglich mit Anstand zurücktreten. Ich glaube, das ist für ihn besser und es ist auch besser für Sachsen», sagte Porsch der dpa.

«Ich erwarte, dass der Ministerpräsident, wenn er sich schon solche unnötigen Affären einhandelt, auch die entsprechenden Konsequenzen zieht und den Weg wieder für eine Sachpolitik im Freistaat freimacht», sagte SPD-Chefin Constanze Krehl. Es sei zu hoffen, dass Biedenkopf das «noch in einer Form hinbekommt, die dem Ansehen Sachsens nicht schadet». Im Grunde genommen habe er zuletzt ganz Sachsen der Lächerlichkeit preisgegeben.

Ursprünglich hatte Biedenkopf für seinen Abgang einen Termin nach der Bundeswahl 2002 avisiert. Dabei ließ er stets offen, ob der Rücktritt im nun kommenden Jahr oder erst Anfang 2003 erfolgt. Nach den jüngsten Vorwürfen waren politische Beobachter davon ausgegangen, dass Biedenkopfs Rückzug bereits früher als geplant geschieht.

Am 10. Januar muss der Ministerpräsident noch einmal vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss des Landtages Rede und Antwort stehen. Das Gremium untersucht, ob Biedenkopf und andere Mitglieder seiner Regierung auf die Vermietung eines Bürokomplexes in Leipzig- Paunsdorf unzulässig Einfluss ausübten. Biedenkopf bestreitet das vehement. Die Immobilie war von einem mit ihm befreundeten Unternehmer im Auftrag des Landes Sachsen errichtet worden.

dpa/sn su yysn bd

311145 Dez 01

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