Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 03.01.2002

Eine weniger redselige Ingrid wäre der sächsischen CDU lieber

Parteifreunde schütteln den Kopf über Äußerungen der Biedenkopfs
 
Generalsekretär: "Wir brauchen Ruhe"

Dresden. Das Jahr hat gerade begonnen, schon gibt Kurt Biedenkopf Sachsens CDU neue Rätsel auf. Eines lautet: Wann tritt der Ministerpräsident zurück? In seiner Neujahrsrede hat er mitgeteilt: Erstens, dass es seine letzte Neujahrsansprache an das sächsische Volk sei. Und zweitens, dass er im Februar die sächsischen Bundeswehrsoldaten auf dem Balkan besuchen werde.

Also irgendwann rechtzeitig vor der Bundestagswahl im September, heißt es in der CDU. Biedenkopf, dessen Ruf seit der Rabatt-Geschichte bei Ikea schwer ramponiert ist, muss am 10. Januar noch einmal vor einem Untersuchungsausschuss des Landtages aussagen.

Es geht um ein Bürocenter in Leipzig, dass ein Freund Biedenkopfs Anfang der 90er Jahre baute. Biedenkopf sorgte dafür, dass Landesbehörden als lang und gut zahlende Mieter einzogen. Die Opposition aus PDS und SPD wirft ihm vor, einen Freund zu Lasten Sachsens begünstigt und bei einer früheren Aussage gelogen zu haben.

Biedenkopf, der Ende des Monats 72 Jahre alt wird, will noch einmal vor dem Ausschuss auftreten, die Vorwürfe abwehren und sich einen anständigen Abgang verschaffen. Am 25. Februar soll zudem seine Frau Ingrid im Ausschuss gehört werden. Wenn das alles über die Bühne ist, so wird in der CDU spekuliert, könnte sich Biedenkopf in sein Privathaus am Chiemsee zurückziehen. Und Sachsens CDU käme nach einem Jahr der Miet- und Dienstwagenaffären und des Schattenkrieges Biedenkopfs gegen den CDU-Chef Georg Milbradt endlich etwas zur Ruhe.

Ein zweites Rätsel hat mit einem Interview zu tun, dass Kurt und Ingrid Biedenkopf der Welt am Sonntag gegeben haben. "Ich bin ein Smart Shopper", lautete die Überschrift, die sich auf das Konsumverhalten Ingrid Biedenkopfs bezog. Der Beitrag hatte fast satirische Züge. In der CDU fragt man sich, welcher Teufel die beiden geritten haben könnte, "derartigen Stuss" von sich zu geben. Jedenfalls lieferte das Gespräch Anlass zu Spekulationen, ob das Regentenehepaar noch ganz bei Trost oder schlagartig verarmt sei.

"Wenn man als Politikergattin ein kleines Gehalt bekäme, wäre das etwas anderes", wird Frau Biedenkopf zitiert. "So müssen wir haushalten. Deshalb habe ich eine Karstadt-Kundenkarte wie viele andere." Der Beitrag erweckte den Eindruck, zwei unglückliche Sozialhilfeempfänger beklagten ihr Los und nicht ein Ministerpräsident plus Ehefrau, dessen Jahresgehalt jenseits der 200 000-Euro-Grenze liegt. "Die Ingrid hat mal wieder kräftig für Aufsehen gesorgt", seufzte ein Dresdner CDU-Mann. "Eigentlich wollten wir Ruhe haben zum Jahreswechsel. Dass die beiden für neuen Wirbel sorgen, ist schon seltsam. Es reicht wirklich."

Kurt Biedenkopf, soviel scheint klar, hat offensichtlich keine Lust mehr und wirkt resigniert. "Die Dinge nähern sich einem Punkt, an dem man sich fragt, ob das alles noch Sinn macht", wird er zitiert. Und: "Ich klebe nicht an meinem Ministerpräsidentensessel." Bleibt die Frage, wie es weitergeht. In der CDU geht immer noch die Angst um, Biedenkopf werde, um den ungeliebten CDU-Chef Milbradt als Nachfolger zu verhindern, in letzter Minute einen eigenen Kandidaten präsentieren. Unklar ist aber, ob der angeschlagene Biedenkopf dazu noch in der Lage ist. "Wir brauchen Ruhe und einen geordneten Übergang", fordert Generalsekretär Hermann Winkler. "Wir wollen auch in Zukunft Wahlen gewinnen."
(Von Bernhard Honnigfort)

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