Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 05.01.2002

Krehl: Biedenkopf hat ganz Sachsen Stempel der Lächerlichkeit aufgedrückt

SPD-Landesvorsitzende hält die Forderung nach Neuwahlen im Freistaat für unrealistisch
 
LEIPZIG. Sachsens SPD-Landesvorsitzende Constanze Krehl kritisiert Kurt Biedenkopf als einen Ministerpräsidenten, der dem Land nicht mehr zuzumuten sei, sieht aber keine reale Chance für die Forderung nach Neuwahlen.

Frage: Kurt Biedenkopf hat angekündigt, in diesem Jahr als Ministerpräsident zurückzutreten. Löst das bei Ihnen Freude aus?

Constanze Krehl: Freude weniger. Es ist die Konsequenz aus der bitteren Erkenntnis, dass dieser Ministerpräsident nicht mehr haltbar ist nach seinen Affären. Damit hat er nicht nur sich selbst lächerlich gemacht, sondern dem ganzen Freistaat den Stempel der Lächerlichkeit aufgedrückt. Für die SPD bedeutet das eine neue Herausforderung, die Auseinandersetzung mit einem anderen Regierungschef. Das zwingt uns, noch stärker die inhaltliche Diskussion mit der CDU zu suchen.

Ist der Zeitpunkt des möglichen Biedenkopf-Rücktritts, so mitten in der Wahlperiode, für die SPD günstig oder ungünstig?

Wenn ich nur an die SPD denke, ist der Zeitpunkt nicht optimal, weil ein neuer Ministerpräsident sich nun lange genug einarbeiten kann und im Jahr 2004 dann mit einem Amtsbonus in die Landtagswahlen geht. Aber für Sachsen ist es wirklich wichtig, dass Kurt Biedenkopf zurücktritt, weil ein so mit Affären belasteter Regierungschef dem Land nicht länger zuzumuten ist und die CDU vor lauter Krisenmanagement gar nicht mehr zum Regieren kommt.

Der sächsische SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Jurk fordert Neuwahlen für den Fall, dass Biedenkopf abtritt. Sie auch?

Um Neuwahlen ausrufen zu können, braucht man nach Artikel 58 der Sächsischen Verfassung eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Landtages. Da aber weder CDU noch PDS Neuwahlen möchten, ist eine Selbstauflösung des Parlaments ziemlich unwahrscheinlich. Warum sollte Biedenkopfs potenzieller Nachfolger Georg Milbradt, der schon Bange haben muss, dass die Union 2004 überhaupt die Mehrheit bekommt, jetzt die satten 56,9 Prozent aufs Spiel setzen?

Es ist also reichlich realitätsfremd oder gar größenwahnsinnig, wenn eine Zehn-Prozent-Partei im Landtag dessen Auflösung fordert?

So eine Forderung entspricht absolut nicht den realen Verhältnissen. Natürlich wären Neuwahlen wünschenswert. Aber ich rechne nicht damit, dass SPD und CDU sich zusammenfinden, um gemeinsam den Landtag aufzulösen.

Was hätte denn die SPD von Neuwahlen - elf statt zehn Prozent?

Wir sind gut gerüstet und hätten ein weitaus besseres Ergebnis, unabhängig davon, ob wir 2002 oder 2004 antreten. Die meisten Unionswähler haben seinerzeit für Biedenkopf gestimmt und weniger für die CDU. Jetzt sind sie von ihm enttäuscht. Auch davon könnte die SPD profitieren.

Mit welchen Themen will die SPD denn die CDU angreifen?

In Sachsen muss dringend mehr getan werden für die Wirtschaftsentwicklung, vor allem für die kleineren und mittleren Unternehmen, sowie für die Bildungspolitik. Der Freistaat muss attraktiver werden für junge Leute. Wir suchen den Kontakt zu Jugendlichen, die weggegangen sind, um sie zurückzuholen. Aber dafür müssen natürlich hier Arbeitsplätze geschaffen werden.

Wird die SPD mit der Spitzenkandidatin Constanze Krehl in den Landtagswahlkampf ziehen?

Da ich derzeit davon ausgehe, dass die Landtagswahl wie vorgesehen 2004 stattfindet, werden wir das rechtzeitig 2003 nach der Bundestagswahl bekannt geben.

Als Europa-Abgeordnete haben Sie lange Zeit gegen viele Vorurteile für den Euro gestritten. Ist es eine Genugtuung, dass der Euro nun relativ problemlos den Weg ins Leben gefunden hat?

Ich freue mich sehr, dass das Interesse am Euro dann doch schnell gewachsen ist und alles recht reibungslos funktioniert. Hochachtung zolle ich den Verkäuferinnen und Verkäufern im Einzelhandel, die mit erheblichem Mehraufwand den ganzen Umtausch bewerkstelligen.

Haben Sie noch Markstücke im Portmonee?

Ja, vor der Silvesterfeier habe ich mir noch mal D-Mark geholt. Dann musste ich noch das Taschengeld meines Sohnes von Mark in Euro tauschen. Die D-Mark werde ich aber alle zur Bank bringen und aus Prinzip nur noch mit Euro bezahlen.

Anita Kecke

Karl Nolle im Webseitentest
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