Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.03.2002

De Maizière in Lauerstellung: Finanzminister schließt Kandidatur nicht kategorisch aus

Staatskanzlei bestätigt Treffen Brüggen-Vettermann
 
Drei Tage nach Bekanntgabe seiner Kandidatur um den Posten des Ministerpräsidenten wächst der Druck auf den Zwickauer CDU-Oberbürgermeister Dietmar Vettermann. Vize-Regierungssprecher Hartmut Häckel bestätigte ein Treffen mit Staatskanzleichef Georg Brüggen am 21. Januar. Über den Inhalt des Gesprächs wollte Häckel keine Auskunft geben.

Bereits zwei Tage nach diesem Treffen war jedoch Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) von einer eigenen Bewerbung für die Biedenkopf-Nachfolge wieder abgerückt. In Dresden wird angesichts der zeitlichen Nähe dieser beiden Ereignisse immer lauter darüber spekuliert, wonach Vettermanns überraschende Kampfkandiatur gegen CDU-Parteichef Georg Milbradt doch mit Wissen und Billigung von Noch-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) erfolgt ist, der Milbradt als Nachfolger strikt ablehnt. Eine mögliche Taktik: Gegenkandidat Vettermann soll für ein möglichst schlechtes Ergebnis von Milbradt sorgen, damit anschließend beide Bewerber zurück ziehen müssen und damit den Weg für de Maizière frei machen.

Umfrage: Nachfolge auch ohne Biedenkopfs Segen

Vettermann widersprach gestern erneut, dass es sich bei seiner Kandidatur um ein abgekartetes Spiel handele. Beim Gespräch mit Brüggen sei es vor allem um Fördermittel für Schloss Osterstein gegangen. Man habe allerdings auch über die Querelen in der Landespartei und eine mögliche Gegenkandidatur erörtert. Wenige Tage später habe er auch am Rande einer Parteisitzung mit Fraktionschef Fritz Hähle über das Thema gesprochen. Zu weiteren Gesprächen mit führenden Landespolitikern sei es danach nicht mehr gekommen.

De Maizière verzichtete gestern erneut darauf, eine eigene Bewerbung für die Biedenkopf-Nachfolge kategorisch auszuschließen. Der SZ erklärte er statt dessen, der Kandidat, den der CDU-Sonderparteitag am Sonnabend kürt, müsse der „Kandidat aller sein“. Er machte dabei aber zur Bedingung, dass der Sieger ein „überzeugendes Ergebnis“ vorweisen müsse. In der CDU-Fraktion wird dies als Sprachregelung verstanden, wonach sich der Finanzminister eine Hintertür offen hält. Dies sorgt nicht nur für Zustimmung. „Er muss aufpassen, dass er es nicht übertreibt“, hieß es ob der unklaren Haltung de Maizières. Gleichzeitig bedauerte der Finanzminister, dass Vettermann nicht ohne persönliche Angriffe gegen Milbradt ausgekommen sei.

In der Zwischenzeit haben sich weitere prominente CDU-Mitglieder für Milbradt ausgesprochen. „Ich sehe zu ihm keine realistische Alternative“, so gestern Kultusminister Matthias Rößler. Milbradts Wahl sei die beste Möglichkeit, um wieder Ruhe in die CDU zu bringen und sich endlich Sachthemen zuzuwenden.

Für Wirbel sorgte gestern eine bisher unbekannte Emnid-Umfrage, die im Auftrag der Staatsregierung erstellt wurde. Demnach sprechen sich 57 Prozent der Sachsen dafür aus, dass der neue Ministerpräsident ohne Rücksicht auf die Meinung Biedenkopfs gewählt werden sollte. Nur 33 Prozent erwarten dafür die volle Zustimmung des bisherigen Amtsinhabers.

Stimmen Sie schon jetzt ab über die Kandidaten Georg Milbradt und Zwickaus OB Dietmar Vettermann in der Umfrage von sz-online

(Gunnar Saft und Christian Striefler)

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