Karl Nolle, MdL

Hamburger Morgenpost, 15.05.2001

Biedenkopf schlägt um sich

Spiegel-Redakteure "beklagenswerte Tröpfe" - SPD schaut amüsiert zu
 
Dresden/Berlin - Der Fall Kurt Biedenkopf nimmt immer skurrilere Formen an. Auf die jüngsten "Amigo"-Berichte des "Spiegel", wonach er auf der Luxusyacht eines von ihm geförderten Baulöwen kostenlos Urlaub gemacht hat, reagierte der sächsische Regierungschef, indem er die Autoren "beklagenswerte Tröpfe" nannte. Wenn er bei einem Freund übernachte, sei das seine Privatsache. "An meinem Stuhl sägt niemand", erklärte "König Kurt" kategorisch. Er werde "selbstverständlich" bis 2003 weiterregieren.

Amüsiert reagierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering auf die Entwicklung in Sachsen. "Man staunt, was jetzt alles auf den Tisch kommt und woher es kommt." Man werde "das Spiel der CDU gegen- und untereinander sich entwickeln lassen". Aus dem Umfeld Biedenkopfs werden fast täglich Informationen und Dokumente an den SPD-Abgeordneten Karl Nolle und Medien "durchgestochen". "Wir sehen Biedenkopf dicht an der Grenze dessen, was er sich selbst und dem Land zumuten sollte", sagte Müntefering und erinnerte auch an den Oberbürgermeister-Wahlkampf in der Landeshauptstadt Dresden. Dort haben sich SPD, FDP und unabhängige Bürger zusammengetan, um die CDU abzuwählen. Am Sonntag war in Chemnitz SPD-Oberbürgermeister Peter Seifert mit 69,8 Prozent im Amt bestätigt worden.

Eine Flut von Anschuldigungen gegen ihn soll aus der CDU stammen. In seiner Partei galt Biedenkopf einst als Widersacher von Helmut Kohls patriarchalischen Herrschaftsstil. Mittlerweile muss sich "König Kurt" nachsagen lassen, in Sachsen ähnlich autoritär zu regieren.

Lothar Späth. Der CDU-Politiker herrschte als baden-württembergischer Ministerpräsident ähnlich unangefochten wie Biedenkopf in Sachsen und beteiligte sich 1989 sogar an einem Putschversuch gegen Kohl. 1991 kam heraus, dass er auf Kosten einer Firma Ägäis-Urlaub gemacht hatte. "Privatsache", glaubte Späth. Und doch musste er zurücktreten.

Gerhard Glogowski. Der selbstbewusste Braunschweiger hatte nach der Bundestagswahl 1998 den Ministerpräsidentensessel von Gerhard Schröder übernommen. Doch Freude daran hatte er kaum länger als ein Jahr. Erst sickerte durch, dass der Neuvermählte seine Flitterwochen in Ägypten von der TUI hatte bezahlen lassen. Das hätte er noch regeln können, doch es kam immer dicker: Lustreisen nach Wien und Luxor auf Kosten von Firmen, rückständige Miete bei der Dienstwohnung, nicht abgerechnete Aufsichtsratstantiemen. Doch erst als die Opposition einen Untersuchungsausschuss durchsetzte, trat er zurück.

Roland Koch. Seinen Wahlsieg 1999 in Hessen verdankte er einer Kampagne gegen den "Doppelpass". Erst ein Jahr später kam heraus: Finanziert worden war sie aus Schwarzgeldern, die die CDU Hessen jahrelang auf Schweizer Konten gebunkert hatte. Doch Koch wusste davon angeblich nichts und versprach "brutalst mögliche Aufklärung". Als es für ihn im Untersuchungsausschuss immer enger wurde, opferte er seinen Staatskanzlei-Chef Karl Josef Jung. Und blieb.

Helmut Kohl. Als großer Staatsmann wollte er in die Geschichte eingehen. Bis die CDU-Finanzaffäre ins Rollen kam. Kohl hatte gegen das von ihm selbst unterzeichnete Parteiengesetz verstoßen, als er über zwei Millionen Barspenden annahm und auf schwarzen Konten verwaltete. Dem Untersuchungsausschuss und der Partei verweigerte er die Namen der Spender. Seiner Suspendierung als CDU-Ehrenvorsitzender kam er zuvor, doch er lehnte es bis heute ab, auch sein Bundestagsmandat zurückzugeben.
(UR/dpa)

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