Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 30.12.2000

Wusste Biedenkopf wirklich nichts?

Im Februar beginnt der Landtags-Untersuchungsausschuss zum Paunsdorf-Center seine Arbeit
 
DRESDEN/COTTBUS. Im Februar sollen sich Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und Finanzminister Georg Milbradt (CDU) vor einem Untersuchungsausschuss des Landtages zum so genannten Paunsdorf-Center in Leipzig äußern.
Dabei geht es um die Frage, ob der Ministerpräsident und weitere Mitglieder der Staatsregierung zum Nachteil des Freistaates Einfluss auf eine Investition von 750 Millionen Mark genommen haben.
Ungewöhnliches Vorgehen
Dass bei einem Untersuchungsausschuss die Hauptakteure gleich zu Beginn befragt werden, ist ungewöhnlich. Üblicherweise werden bei Untersuchungen dieser Art zunächst Beteiligte und Zeugen gehört, ehe die Hauptverantwortlichen Rede und Antwort stehen müssen.
Die CDU-Mehrheit im Ausschuss hat diese frühen Anhörungstermine Biedenkopfs und Milbradts durchgedrückt, gegen den Protest der Oppositionsparteien, die auf umfängliche Aktenlage verweisen, die zunächst zu studieren sei.
153 Aktenordner stapeln sich
Auf dem Tisch des Untersuchungsausschusses stapeln sich zwischenzeitlich 153 Aktenordner. Erst in den letzten Wochen seien 25 000 weitere Seiten hinzu gekommen, klagt SPD-Obmann Karl Nolle. Doch noch immer sollen angeblich Aktenteile fehlen.
Gegenstand des Untersuchungsausschusses, der vom Landtag formal bereits im April diesen Jahres eigesetzt wurde, sind Vorgänge um das Behördenzentrum in Leipzig-Paunsdorf.
Im Jahr 1992 verkaufte der Freistaat dort ein 56 000 Quadratmeter großes Grundstück zum Preis von rund 2,6 Millionen Mark an die Finanz-Treuhand-Gesellschaft (FTG), die zumindest teilweise dem Kölner Bauunternehmer Heinz Barth gehört, einem engen Vertrauten Kurt Biedenkopfs.
Bis 1994 entstand auf jenem Grundstück der Einkaufs- und Bürokomplex "Paunsdorf-Center", in den sich der Freistaat 1993 einmietete, zur Unterbringung von Behörden, unter anderem dem Sächsische Staatsarchiv, der Polizeidirektion Leipzig, dem Institut für Länderkunde sowie dem Sondereinsatzkommando der Polizei.
Der Freistaat mietete großzügig rund 43 000 Quadratmeter, als Mietpreis wurden 23,57 Mark je Quadratmeter vereinbart, bei einer Laufzeit von 25 Jahren. Der Landesrechnungshof rügte den Vorgang schon in seinem Bericht von 1996.
Angeblich kein Einfluss
Biedenkopf war durch seinen Freund Barth über den Fortgang des Vorhabens ständig informiert, er ließ sich Unterlagen kommen und schrieb Briefe. Auf die Gestaltung der Mietverträge soll er aber angeblich keinen Einfluss genommen haben, wie es dazu im Finanzministerium heißt.
Der Vorgang war schon in vergangenen Legislaturperiode im Landtag in Form von Anfragen thematisiert worden, Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft wurden ergebnislos eingestellt.
Verdacht wurde öffentlichFest steht jedoch, dass sich Kurt Biedenkopf schon zu Beginn der 90er Jahre sehr für die Leipziger Unternehmungen Barths engagiert hat, wie er seinem Tagebuch anvertraute. Kurz vor Weihnachten wurde der Verdacht öffentlich, dass der Ministerpräsident bereits 1990, also drei Jahre früher als bisher angenommen, von der Paunsdorf-Investition gewusst haben soll.
Für den Fall, dass sich das bestätigen sollte, hatte die SPD-Landesvorsitzende Constanze Krehl den Ministerpräsidenten in der RUNDSCHAU bezichtigt, den Landtag belogen zu haben und den Rücktritt Biedenkopfs gefordert.
(von Ralf Hübner)

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