Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 04.05.2001

Regierung zieht Konsequenzen

SPD fordert von Biedenkopf Erhöhung der Mietkosten auf 13 Mark
 
DRESDEN. Der frühere Chef der Staatskanzlei Günter Meyer (CDU) will nicht der Hauptverantwortliche für das Missmanagement in der Schevenstraße sein. Der SZ erklärte Meyer, er könne sich nicht vorstellen, 1994 auf den Brief des Rechnungshofes nicht reagiert zu haben, wenn er ihn gekannt hätte. Auf die Frage eines Mitarbeiters der Arbeitsgruppe, die gestern den Bericht vorlegte, habe er geantwortet: "Daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern." Meyer ist verärgert, dass es im Bericht stattdessen hieß, er habe sich nicht genau erinnern können. Darüber habe er vorgestern auch mit Biedenkopf geredet. Regierungssprecher Sagurna erklärte, man werde auch dieser Sache noch genauer nachgehen müssen.


Rechnungshof: "Hotelähnlich"

Der Rechnungshof hatte bereits vor sieben Jahren angemahnt, dass die "Mitglieder der Staatsregierung für die Nutzung der Schevenstraße kostendeckende Entgelte zahlen" müssen. Dies ist im Fall Biedenkopf nicht geschehen, denn die Nutzung der sechs Dienstangestellten wurde weder in die Kaltmiete noch in die Betriebskosten eingerechnet. Die Unterbringung im Gästehaus Schevenstraße sei "hotelähnlich", so der Rechnungshof.
Dort steht auch, dass mietrechtliche Besonderheiten für die neuen Länder nicht zu beachten seien, da das Grundstück "ohne Zweifel" mietpreisgebunden sei. Zu diesem Urteil war allerdings ein Gutachten des Maklers Hans-Dieter Freudenberg gekommen. Demnach wären die 8,15 Mark, die Biedenkopf für eine Wohnung in bester Dresdner Wohnlage zahlt, sogar zu hoch gewesen. Zweifel an der Unvoreingenommenheit dieses Gutachters sind jetzt allerdings aufgetaucht. Denn bereits am 4. April hat sich Freudenberg an die Staatskanzlei gewandt und die Berichterstattung der SZ zur Miethöhe im Gästehaus Schevenstraße kritisiert. Dieses Schreiben soll auch der Grund gewesen sein, weshalb die Staatskanzlei gerade diesen Makler mit dem Gutachten betraut hat. Sagurna allerdings sagt, dass die herausragende Seriosität von Freudenberg den Ausschlag gegeben habe.
Trotz des für Biedenkopf in einigen Punkten günstigen Gutachtens kündigte Regierungssprecher Michael Sagurna Konsequenzen aus dem Staatskanzlei-Bericht an. Dazu wolle man allerdings noch das Gutachten der Wirtschaftsprüfer abwarten. Überlegt werde, ob Biedenkopf die Dienstleistungen des Personals an seinem Wohnsitz im Regierungs-Gästehaus künftig bezahlen müsse. Auch würden Änderungen des Mietvertrags geprüft.
Kündigen wird die Staatskanzlei den Vertrag mit dem Reinigungsunternehmen Wisser. Der Schwiegersohn von Frau Biedenkopf ist dort Geschäftsführer. 1999 war dem Unternehmen ohne Ausschreibung die Reinigung der Schevenstraße übertragen worden. Im Gutachten war das als "unglücklich" bezeichnet worden, da so der Eindruck der Bevorzugung entstehen könne.
SPD-Fraktionschef Thomas Jurk mahnte Biedenkopf zum Handeln. Der durch die Angelegenheit belastete Regierungschef werde von seinen Kollegen derzeit nicht als vollwertiger Verhandlungspartner akzeptiert. Bei den Gesprächen zum Solidarpakt II drohe Sachsen an Gewicht zu verlieren. Mit einer Erhöhung der Quadratmetermiete von 8,15 auf 13 Mark würden ortsübliche Preise bezahlt und Biedenkopfs Ansehen wieder gestärkt. Dieser Preis soll jedoch keine Dienstleistungen wie Kochen oder Putzen enthalten. Jurk verlangte ferner vom Leiter der Staatskanzlei, Georg Brüggen (CDU), eine Entschuldigung vor dem Landtag. Der Staatsminister habe vor der Ausarbeitung des Berichts alle Vorwürfe im Parlament zurückgewiesen.


Eggert warnt Opposition

CDU-Vizechef Heinz Eggert verwies auf die Wirkung des Berichts. So frage sich die Öffentlichkeit zu Recht, wie der Quadratmeterpreis von 8,15 Mark zu Stande komme, wenn darin auch noch Leistungen des Personals enthalten seien. Er brachte ferner die Vorwürfe in einen Zusammenhang mit der Entlassung von Georg Milbradt (CDU) als Finanzminister. Zugleich warnte er die Opposition davor, bei berechtigten Nachfragen "unterhalb der Gürtellinie" zu agieren.
(Christian Striefler)

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