Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 05.05.2001

Der Hofstaat prügelt sich

Neue Konflikte & Forderung nach Biedenkopf-Rücktritt
 
DRESDEN. Jetzt gerät sogar der „Hofstaat“ von „König Kurt“ wegen der Mietaffäre in die Haare. Ex-Minister Günter Meyer (CDU), langjähriger Vertrauter von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) wehrt sich gegen Staatskanzleichef Georg Brüggen (CDU). Der hatte Meyer Mitverantwortung an Schlampereien in der Staatskanzlei vorgeworfen

In der Miet- und Putzfrauenaffäre gibt es jetzt auch zwischen engsten Vertrauen von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) richtig Krach. Der frühere Chef der Staatskanzlei Günter Meyer (CDU) wehrte sich gegen Beschuldigungen des jetzigen
Amtsinhabers Georg Brüggen (CDU), für das Verschwinden von Dokumenten verantwortlich zu sein.

Es geht um den Vermerk des Rechnungshofs von 1994 mit der Forderung erheblich höherer Mieten im Regierungs-Gästehaus

(Morgenpost berichtete). Minister Brüggen erklärte in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss, ~ Meyer erinnere sich „nicht genau" an den Vorgang.

Ex-Minister Meyer, der langjährige Weggefährte von Biedenkopf polterte aus Bonn zurück: „Daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern." Er könne sich nicht vorstellen, nicht auf den Vermerk reagiert zu haben, wenn er ihn gekannt hätte.

Jetzt ruderte die Staatskanzlei heftig zurück. Der Bericht sei gefunden und Meyer habe ihn damals korrekt weitergeleitet, erklärte Regierungssprecher Michael Sagurna gestern. Was danach in der Staatskanzlei mit dem brisanten Papier geschah, ist dagegen noch völlig unklar.

PDS-Fraktions-Chef Peter Porsch sieht sich durch den bereits in Auszügen veröffentlichten Vermerk voll bestätigt. Er hatte für das Ehepaar Biedenkopf als Miete den Betrag für eine Hotel-Suite mit entsprechendem Service angeregt, nämlich 350 Mark pro Tag.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Jurk forderte Biedenkopf gestern indirekt zum Rücktritt auf. Es rieche nach „Selbstbedienung", wie Biedenkopf den Koch des Regierungs-Gästehauses in sein Haus am Chiemseegeholt habe, erklärte Jurk gestern: „Für weit geringere private Vorteile haben schon Minister und Ministerpräsidenten
Konsequenzen gezogen."

Der Brüggen-Bericht förderte im Übrigen weitere erstaunliche Vorgänge zu Tage. So wurde für das Gästehaus eine Schwarze Kasse geführt. Aus ihr wurden unter anderem „die regelmäßigen Einkäufe für Verpflegung, Reinigungsmittel, sonstigen kleineren Hausbedarf, Berufskleidung für die Beschäftigten" bezahlt - also offenbar auch der
tägliche Lebensbedarf der Biedenkopfs.

Gespeist wurde dieses „Hauskonto“ im Wesentlichen „aus den Abrechnungen der Gästehausbewirtschaftung mit der Staatskanzlei". Es wurde von der Hauswirtschafterin und dem Koch verwaltet, aber ohne nachprüfbare Belege, wie Wirtschaftsprüfer
bemängeln. Selbst Aushilfskellner wurden ohne Quittung daraus bezahlt. Über die Summen, die über dieses Konto flossen, schweigen sich Brüggen und die Gutachter aus.

Dann ist da noch die Sache mit Biedenkopf-Schwiegersohn Andreas Waldow. Er wohnte 1995 einige Monate ohne Mietvertrag im Gästehaus. Ingrid Biedenkopf hatte die Begleichung der fälligen Miete zugesichert, wie Brüggen schreibt. Danach verliert sich die Sache im Dunkeln: „Einen Zahlungseingang kann die Hauptkasse des Freistaats nicht
feststellen. Über einen Zahlungsbeleg verfügt die Ehegattin des Ministerpräsidenten nicht."

Derselbe Waldow etablierte sich inzwischen mit mehreren Reinigungsfirmen. Ende 1999 bekam er prompt einen immer noch laufenden Auftrag der Staatskanzlei für das Gästehaus. Dort war eine wegen Krankheit ausgefallene Putzfrau zu ersetzen. Der Eindruck der Bevorzugung aus Verwandtschaftsgründen sei „unglücklich", gesteht Brüggen ein.
(Stefan Rössel)

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