Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.10.2000

120-Kilo-Mann will OB Wagner herausfordern

SPD schlägt Karl Nolle als Bürgermeister-Kandidaten vor / PDS und Grüne skeptisch
 
DRESDEN. Die SPD will den Unternehmer Karl Nolle als parteiübergreifenden Kandidaten gegen CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner in den OB-Wahlkampf schicken. Doch weder PDS noch Bündnisgrüne glauben, dass Nolle der geeignete Mann ist.
Er wiegt um die 120 Kilo, ist Unternehmer, sitzt für die SPD im Landtag - und er will Dresdens neuer Oberbürgermeister werden: der 55-jährige Karl Nolle. Der SPD-Stadtausschuss hat den Druckereibesitzer vorgestern Abend mit 15 Ja-, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung als Kandidaten vorgeschlagen. Offiziell nominiert ist er aber erst, wenn sich auf einer Parteiversammlung Ende diesen/Anfang nächsten Jahres über die Hälfte der anwesenden SPD-Mitglieder für Nolle aussprechen.
Der Abstimmung ging eine monatelange Suche nach einer Integrationsfigur voraus. Denn reale Chancen, den langjährigen CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner abzulösen, gibt es nur, wenn SPD, PDS und Bündnisgrüne an einem Strang ziehen. "Wir haben fast 20 Leute angesprochen", sagt Stadtausschuss-Chef René Vits. "Darunter Wolfgang Berghofer, Henning Voscherau und Regine Hildebrandt." Selbst an Gregor Gysi hatte die SPD gedacht. Doch PDS-Fraktionschef Ronald Weckesser winkt nur ab: "Illusorisch, solche Leute kommen nicht nach Dresden."
Übriggeblieben waren am Dienstagabend der ehemalige SPD-Unterbezirkschef Manfred Müntjes und eben Karl Nolle, der in seinen Ortsvereinen schon kräftig die Werbetrommel für sich rührte. Müntjes, der kein Nolle-Freund ist und nur zwei Stimmen bekam, möchte sich zum Wahl-Thema nicht äußern. "Ich wusste nicht mal, dass über mich abgestimmt wurde", sagt er.
Nolle indes zeigt sich überaus erfreut. "Ein überraschend klares Votum", sagt er. Als OB wolle er sich dafür einsetzen, dass die Kürzung bei Kultur, Jugend und Sozialem endlich aufhöre. "Künftig sollen weniger Beton und Eisen, sondern mehr der Mensch eine Rolle spielen", erklärt der Unternehmer, der Ende 1989 nach Dresden kam.
SPD-Unterbezirks-Chefin Marlies Volkmer ist fest davon überzeugt, dass Nolle ein breites Wahlbündnis gegen Herbert Wagner anführen kann. "Sein Name steht für linke Ideale, interessante Ideen und wirtschaftlichen Pragmatismus", sagt sie. Die Oppositionsparteien allerdings zeigen sich da weniger optimistisch. "Ein gemeinsamer Kandidat sollte parteilos sein und gute Chancen gegen Wagner haben", sagt PDS-Chef Michael Schrader. "Beides sehen wir bei Nolle nicht." Er verfüge über keinerlei Erfahrungen in der Kommunalpolitik und sei bei den Wahlen 1999 trotz teurer Kampagne nicht mal in den Stadtrat gekommen. Dazu Nolle empört: "Ich stand damals auch nur auf Platz 2 der Liste."
Trotzdem fürchtet die PDS, dass ein Großteil ihrer Wähler Nolle nicht mitträgt. Schrader: "Wir werden im Stadtvorstand am 16. Oktober über das weitere Vorgehen beraten." Denkbar sei immer noch ein eigener Kandidat a la Ostrowski oder Weckesser.
Auch die Bündnisgrünen können sich nur schwer vorstellen, Nolle zu unterstützen. "Er ist für Dresden bisher kaum in Erscheinung getreten", sagt Stadträtin Eva Jähnigen, "und selbst in der eigenen Partei umstritten." Ähnlich wie die PDS sehen die Grünen in der Nolle-Empfehlung einen Alleingang der SPD. "Zwar gab es Gespräche, aber keine gemeinsame Entscheidungsfindung", kritisiert Jähnigen.
Karl Nolle lässt sich nicht beirren und kündigt einen "innovativen" Wahlkampf an. Nolle: "Mein Wahlkampfleiter fliegt jetzt in die USA, um den Präsidentschafts-Wahlkampf zu beobachten."
(von Katrin Saft)

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